Keine leichte Sommerfrische in der Bretagne, aber gerade deshalb lesenswert

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marie aus e Avatar

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Zuerst zur Optik des Buches: ich mag es, wenn ein Buch schön in der Hand liegt und aus hochwertigem Papier besteht - dem ist hier so. Zudem noch farblich schön abgesetztes Vorsatzpapier mit je einem passenden Spruch zum Einstieg und Ausstieg - schön!
Lediglich das Covermotiv hat mich nicht wirklich angesprochen.

Claire, versteinert im Alltag, Hauptfamilienernährerin und von ihrem Mann, dem Künstler, nicht mehr richtig gesehen und Julie, die Freundin ihres Sohnes, sind die beiden weiblichen Hauptpersonen des Buches.
Alle zusammen fahren in das Ferienhaus der Familie in die Bretagne, dort lernen wir Leserinnen (ich würde das Buch tatsächlich als Frauenbuch sehen) dann alle Urlaubenden nach und nach besser kennen und können tief in ihr Seelenleben eintauchen.
Etwas später kommen auch noch Claires Geschwister und es blättert sich damit auch ein Stück von Claires Kindheit auf.

Besonders die schöne Sprache hat mir hier sehr gut gefallen.
Sätze wie "Im Meer kommt es nur darauf an, zu existieren. Niemandem fiel auf, wenn Menschen sich in den Wellen treiben ließen (...). An Land reicht dieser nichtssagenden Aggregatszustand nie aus. Man müsste von A nach B reden, eine Meinung haben (....). Und nirgends ein Jetzt, sondern nur "gleich", "später", (...) wenn die Kinder aus dem Haus sind" habe ich gleich mehrmals gelesen.
Ab und an spitzt auch ein Humor durch, der mir gefällt, etwa bei der Beschreibung des Hausmeisters Padrig.

Vordergründig hat der Roman gar keine große Handlung, doch dafür sind die Verletzungen, das Unglücklich sein, die geheimen Wünsche und schließlich das Aufbrechen aus der Versteinerung bzw. der Weg in die Selbstbestimmtheit wunderschön und ergreifend erzählt.

Mein Fazit: ein Buch, das mich berührt hat und obwohl es kein leichter Sommerfrische-Roman ist, leicht zu lesen ist. Mein erstes Buch von Nina George, ich bin gespannt auf weitere Werke.