Zwei Sterne für den Inhalt, ein Stern für die Optik

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ninchenpinchen Avatar

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Der Inhalt hält leider nicht, was die wunderbare Aufmachung verspricht

Um es gleich vorweg zu sagen: Dieser Roman war nichts für mich. Ich konnte ihm absolut nichts – oder eben viel zu wenig – abgewinnen. Schade um die Zeit!

Im Gegensatz zu (fast) allen anderen ist mir schon der Einstieg nicht leicht gefallen. Mir kam bei der ganzen Schönschreiberei viel zu wenig Inhalt rüber. Das Ganze ist zu allem Überfluss noch extrem frankophil. Als wollte Frau George allen beweisen, wie gut sie sich in Frankreich auskennt und wie toll sie Französisch kann.
So versucht sie, die Deutsche, uns französische Protagonisten nahezubringen. Das ist m. E. nach deutlich misslungen.
Die sich gegenseitig belügenden Eheleute Claire und Gilles kamen nicht zu mir; soll heißen, deren Verhalten konnte ich nicht nachvollziehen, sie blieben mir fremd bis zum Schluss. Ebenso Julie, die dritte Hauptperson, war mir zu sehr – mit Gewalt – auf Französin konstruiert.
Konstruktion trifft auch auf den Anfang zu. Das Zimmermädchen, welches Claire beim Fremdgehen ertappt, ist dann auch noch zufällig die neue Freundin des Sohnes – nun ja.
Und Julie, das Zimmermädchen, findet dann auch noch den verlorenen Stein im Fremdgehzimmer. Was macht sie jetzt damit? Sie schenkt ihn Claire später zum Geburtstag.

Einzig Anaëlle und Nikita, der Tangotänzer, kamen richtig lebendig und glaubhaft rüber: Claires Halbschwester und ihr Lover.

Aus dem Aufenthalt der sieben Personen: Claire und Gilles, Anaëlle und Nikita, Nicolas und Julie & Halbbruder Ludo im Haus am Meer hätte man deutlich mehr herausholen können. Siehe hierzu beispielsweise Herman Kochs Roman „Sommerhaus mit Swimmingpool“. (Spielt auch in Frankreich!)
Oder etliche Romane von Anita Shreve.

Andere Passagen gefielen mir wieder. Und natürlich kann sie gut schreiben, die Nina George. Obwohl ich wirklich beim Ende von Kapitel 6 überlegt hab, ob ich noch weiter lese.
Bemerkenswert für mich in jedem Fall, zitiere anteilig von Seite 37: „Und was Ameisen dem Homo Google dabei voraushaben?“ [ …] Wir reden beim Vergleich von Ameisen und Menschen vom Intelligenz-Paradox: Wo sich aus der individuellen Simplizität der Ameisen eine kollektive Intelligenz ergibt, die sozial, nachhaltig und klimaschonend arbeitet, führt die individuelle Intelligenz der Menschen zur kollektiven Dummheit. Populismus, Diskriminierung von Leistung, Shit-Stürme …
Ich verstehe. Erst gemeinsam sind wir richtig blöd.“

Außerdem gefiel mir noch die Passage mit der Rollenverteilung im Rudel. (Seite 205)
Und auch die mit dem Tangotanzen, trotz Schleichwerbung im Dankesanhang.

Das Cover: traumhaft schön, eines der schönsten Cover, die ich in der letzten Zeit gesehen habe. Fantastisch! Das Buch gebunden mit verschiedenen Materialien, türkisfarbenen Vorsatzblättern, einem türkisfarbenen Lesebändchen und feinen Sprüchen vorn und hinten. Eine wunderbare Aufmachung, die ich wirklich als überaus gelungen empfinde. Ein Stern allein dafür.

Fazit: Sicher nicht schlecht geschrieben, aber auch vom Aufenthalt am Meer habe ich schon deutlich bessere Bücher gelesen. S. o. Als Liebesroman funktioniert das Buch aber auch nicht. Schlecht einzuordnen, nicht Fisch, nicht Fleisch. Lesbische Liebe bleibt uns auch hier nicht erspart. Aus meiner Sicht leider nicht empfehlenswert.