Das Schweigen unter dem Eis
Martina Clavadetschers Roman Die Schrecken der Anderen ist eine vielschichtige literarische Auseinandersetzung mit den dunklen Kapiteln der Vergangenheit und ihrer fortwirkenden Präsenz in der Gegenwart. Die Geschichte beginnt mit dem Fund einer Leiche in einem zugefrorenen See und entfaltet sich in mehreren Erzählsträngen, die sich auf subtile Weise miteinander verweben. Im Zentrum stehen der Archivar Schibig und die alte Frau Rosa, die sich gemeinsam auf eine Spurensuche begeben, die weit zurückreicht – bis in die Zeit des Nationalsozialismus und in die Geschichte des Schweigens, das sich wie ein Schleier über alles legt. Parallel dazu wird Kern porträtiert, Sohn einer wohlhabenden Familie, der mit dem schweren Erbe seiner fast hundertjährigen Mutter ringt, die ein dunkles Geheimnis in sich trägt.
Clavadetschers Sprache ist präzise, poetisch und bewusst distanziert. Sie schildert nicht plakativ, sondern arbeitet mit Andeutungen, Wiederholungen und Stimmungen. Der Roman entfaltet dadurch eine Atmosphäre von Kälte und Beklemmung, die hervorragend zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit Verdrängung, Schuld und Erinnerung passt. Die Figuren bleiben teilweise bewusst fremd, als würde man sie nur durch gefrorene Scheiben beobachten. Diese emotionale Zurückhaltung fordert die Leser*innen heraus, selbst Lücken zu füllen und Deutungen zu finden. Es ist kein Roman, der einen emotional mitreißt – vielmehr wirkt er auf einer intellektuellen, beinahe dokumentarischen Ebene.
Thematisch ist der Text hochaktuell. Er legt offen, wie sehr die Gegenwart noch immer von den Vermächtnissen der Vergangenheit geprägt ist – durch Machtverhältnisse, Vermögen, politische Netzwerke. Die Schweiz als vermeintlich neutraler Raum wird hier als Komplizin sichtbar, die Schuld nicht nur verschwiegen, sondern auch verwaltet hat. Clavadetscher zeigt auf, wie Archive, Sprache und Familiengeschichte zu Mittätern werden, wenn sie nicht hinterfragt, sondern nur bewahrt werden.
Die Schrecken der Anderen ist ein leiser, aber tiefgründiger Roman, der nicht auf unmittelbare Wirkung, sondern auf langfristiges Nachdenken zielt. Er verlangt Konzentration und die Bereitschaft, sich auf eine fragmentarische Erzählstruktur einzulassen, die nicht alles auserzählt und nicht alles erklärt. Wer sich darauf einlässt, wird mit einem klugen, literarisch anspruchsvollen Werk belohnt, das lange nachhallt und eindrucksvoll zeigt, dass das Vergangene nicht vergangen ist.
Clavadetschers Sprache ist präzise, poetisch und bewusst distanziert. Sie schildert nicht plakativ, sondern arbeitet mit Andeutungen, Wiederholungen und Stimmungen. Der Roman entfaltet dadurch eine Atmosphäre von Kälte und Beklemmung, die hervorragend zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit Verdrängung, Schuld und Erinnerung passt. Die Figuren bleiben teilweise bewusst fremd, als würde man sie nur durch gefrorene Scheiben beobachten. Diese emotionale Zurückhaltung fordert die Leser*innen heraus, selbst Lücken zu füllen und Deutungen zu finden. Es ist kein Roman, der einen emotional mitreißt – vielmehr wirkt er auf einer intellektuellen, beinahe dokumentarischen Ebene.
Thematisch ist der Text hochaktuell. Er legt offen, wie sehr die Gegenwart noch immer von den Vermächtnissen der Vergangenheit geprägt ist – durch Machtverhältnisse, Vermögen, politische Netzwerke. Die Schweiz als vermeintlich neutraler Raum wird hier als Komplizin sichtbar, die Schuld nicht nur verschwiegen, sondern auch verwaltet hat. Clavadetscher zeigt auf, wie Archive, Sprache und Familiengeschichte zu Mittätern werden, wenn sie nicht hinterfragt, sondern nur bewahrt werden.
Die Schrecken der Anderen ist ein leiser, aber tiefgründiger Roman, der nicht auf unmittelbare Wirkung, sondern auf langfristiges Nachdenken zielt. Er verlangt Konzentration und die Bereitschaft, sich auf eine fragmentarische Erzählstruktur einzulassen, die nicht alles auserzählt und nicht alles erklärt. Wer sich darauf einlässt, wird mit einem klugen, literarisch anspruchsvollen Werk belohnt, das lange nachhallt und eindrucksvoll zeigt, dass das Vergangene nicht vergangen ist.