Dulden kennt keinen Widerstand

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Beim Lesen des Romans "Die Schrecken der anderen" wird einem erst nach einer ganzen Weile klar, dass dieser Schrecken mitten unter uns ist und immer mehr Raum, Zeit und an Einfluss gewinnt.

Die Autorin Martina Clawadetscher führt die Leser:innen langsam aber stetig an das Unausprechbare. Zunächst nur mit Fragmenten, mit Gedankensplitter, wie im Fieberrausch lässt sie die Protagonisten ihre Gedanken sprechen. Immer mehr fügt sich zusammen, was am Anfang nur lose, scheinbar unzusammenhängende Ereignisse sind. Immer mehr des Schreckens wird sichtbar, erst noch getarnt, nicht gleich offensichtlich.
Was für eine Erzählkunst!

Bis der Schrecken klar erscheint, die Macht, das Geld, der Einfluss. So vieles weiß man, und doch wird einem bei der Lektüre schmerzlich klar, dass niemals wirklich und wahrhaftig dagegen gekämpft und vorgegangen wurde. Es wurde und wird geduldet. Und der Satz im Buch
"Deswegen ist die Duldung die scheinheiligste Form des Verbrechens" können und müssen wir uns alle bewusst machen.

Ein hervorragender Roman, der auch sprachlich überzeugt. Das Cover hat etwas gruseliges und könnte doch mehr Dramatik vertragen.
Das Einzige, was mich im Lesefluss gestört hat, waren die Gedankenstriche, mit denen die wörtliche Rede markiert ist. Muss man das jetzt so machen?

Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung. Ein wichtiges Buch! Gerade jetzt.