Unpassender Titel, lesenswerte Geschichte

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dana09 Avatar

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Auf den ersten Blick hat mich das düstere abschreckende Buchcover im Stil alter flämischer Meister angesprochen. Mit großer Neugierde bzw. Erwartung las ich die erste Geschichte von dem Jungen, der beim Schlittschuhfahren den Toten im Eis des schweizerischen Ödwiller Sees findet. Schon jetzt offenbart sich der anspruchsvolle, komplexe Schreibstil der Schweizer Autorin. Manchmal sind die Passagen kurz, dann folgen ausschweifende Schilderungen. Ich brauchte einige Seiten um mich in den Erzählstil einzufinden.
Bald lernen wir die ersten Akteure bzw. Hauptdarsteller kennen. Dabei handelt es sich um den älteren, verschrobenen Archivar Schibig, den wohlhabenden Erben Kern sowie dessen verschrobener, schauerlichen Mutter, die meistens nur als "Die Alte" bezeichnet wird. Der Leser erfährt, wie die Familie Kern zu ihrem Wohlstand kam und erfährt dabei einiges über die Nazi-Vergangenheit und damit der dunklen Geschichte der "neutralen" Schweiz. Es gibt sperrige und rätselhafte Charactere, die einfühlsam beschrieben werden.
Beim Lesen bemerkte ich die Liebe zur Sprache und Literatur der mir nicht bekannten Martina Clavadetscher. Ihre Studienfächer spürt man und kann sie in diesem Roman wahrnehmen.
Meine beiden Kritikpunkte sind:
Das Ende kam für mich zu plötzlich und
dass die direkte Rede nicht in Anführungszeichen gesetzt wird, störte mich.
Diese Art des Schreibens ist nicht so flüssig und deutlich lesbar.