Yasmina Khadras vielleicht größter Roman?

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Mit Yasmina Khadras neuen Roman "Die Schuld des Tages an die Nacht" taucht der Leser tief ein ins ländliche Algerien der zwanziger Jahre.
Es entsteht sofort viel Atmosphäre! Obwohl für den westlichen Leser ein fremdes Land, entsteht die Vermutung, dass das Leben armer Bauern in der Vergangenheit hier genauso hart war wie in anderen Ländern auch. Erzählt wird von einem Jungen, doch es ist keine naive Kinderperspektive. Der Ich-Erzähler hat einen kritischen Blick auf seinen Vater und die Lebensbedingungen. Die Vernichtung der Felder ist der Ruin der Familie. Es bleibt nur das Weggehen. Der Vater wirkt sehr starrsinnig, es wird vermutlich schwer werden für die Familie im Oran. Der Onkel ist ein ganz anderer Charakter als der Vater, der nicht bereit ist etwas anzunehmen.
Die Szene als der Vater seinen Sohn allein zurücklässt ist ergreifend geschrieben. Man kann in die Ratlosigkeit des Jungen gut nachfühlen. Das Vater-Sohn-Verhältnis erinnert an den Film Fahrraddiebe, ein neorealistischer Film von Vittorio de Sica. Auch hier ist der Realismus im Vordergrund. Es dürfte sehr interessant werden, das Schicksal der Familie zu verfolgen. Für den Anfang sieht es noch nicht so vielversprechend für sie aus. Werden sie wirklich eine bessere Zukunft erreichen können? Ansonsten ist noch festzustellen, dass der Ton dieser Leseprobe ein etwas anderer ist als man durch Yasmina Khadras andere Romane wie "Die Attentäterin", "Die Schwalben von Kabul" oder "Wovon die Wölfe träumen" gewohnt ist.
Yasmina Khadra ist ein sympathischer Autor, ich habe ihn einmal bei einer Lesung gesehen, aber seinen Themen halte ich ebenso bedrückend wie auch wichtig und bedeutend.