Ein Leben für den Bergbau

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peedee Avatar

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Luisas Familie ist seit Jahren im Bergbau im Schlematal (Erzgebirge) tätig. So arbeitet auch sie unter Tage, und zwar in einem Besucherbergwerk, wo sie oft stundenlang ohne einen Sonnenstrahl verbringt. Luisas Grossonkel ist vor knapp siebzig Jahren verschollen und niemand hat all die Jahre etwas über seinen Verbleib erfahren. Nun will Luisa nachforschen, was seinerzeit passiert ist. Kann sie überhaupt noch etwas herausfinden? Nach so vielen Jahren?

Erster Eindruck: Das Bild auf dem Schutzumschlag gefällt mir sehr gut (auch wenn ich kein Fan von Schutzumschlägen bin). Auf der vorderen Umschlagklappe hat es einen hilfreichen Stammbaum und auf der hinteren Klappe einen Lageplan.

Die Geschichte wird auf mehreren Zeitebenen und über mehrere Generationen erzählt: beginnend im Jahr 2019 und zurückgehend bis zum Jahr 1908. Die Wechsel der Zeiten sind gut angegeben.

Mich hat beeindruckt, mit welchem Stolz die Bergleute ihre Arbeit ausführten. Die Liebe zu ihrer schweren Arbeit, zu ihrem Tal und zu ihrer Familie ist sehr gut spürbar. Mich berührt es immer sehr, wenn Menschen von irgendetwas begeistert sind und diese Begeisterung auch auf andere überschwappt. Bergleute scheinen aus meiner Sicht ziemlich abergläubig gewesen zu sein, denn es stand z.B., dass Kerzenstümpfe eingesammelt und aufbewahrt wurden, da sie vor Unheil schützen sollten. Bei einem Gewitter sollte das Anzünden eines Kerzenstumpfes davor bewahren, dass der Blitz ins Haus einschlug.
Der Roman ist Fiktion, beruht aber auf vielen Tatsachen. So wird auch ein grosses Grubenunglück angesprochen: „22.02.1960, Schlagwetterexplosion und Grubenbrand in der Zwickauer Steinkohle, 123 Bergleute.“ Grauenhaft! Den Begriff Schlagwetterexplosion war mir nicht bekannt, aber Freund Google konnte Abhilfe schaffen (aber ich habe es trotzdem nicht so ganz begriffen). Als ich „Unglücke im Bergbau“ gegoogelt habe, sehe ich den Eintrag unter dem Zwickauer Ereignis, wo im gleichen Jahr in der Laobaidong Grube in China gleich 682 Menschen ums Leben gekommen sind! Jeder Mensch, der ums Leben kommt, ist einer zu viel. Unvorstellbar, wenn gleich Hunderte von Arbeitern nicht mehr nach Hause kommen.
Meine Lieblingsfigur war Irma, die neunzigjährige Grosstante von Luisa. Das Alter von Irma ist für Luisa auch der Ansporn, mehr über deren Bruder Rudolf herauszufinden, der seit 1951 als verschollen galt.

Am Schluss habe ich das Buch mit einem Seufzen geschlossen – nach so langer Zeit die Protagonisten wieder ziehen zu lassen, ist nicht ganz einfach (wie muss es da erst der Autorin gehen?). Von mir gibt es für diesen ruhigen, sehr rechercheintensiven Roman und die Einblicke in den Bergbau 4 Sterne.