Geschichtlicher Volltreffer

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Kati Naumann ist für mich eine bislang viel zu wenig beachtete Autorin !
Ich habe bereits das Vorgängerbuch gelesen, das die Lebensgeschichte einer Familie in Thüringen beschreibt, dort ging es um die Herstellung von Spielzeug Großartig !
Jetzt also eine Bergwerksfamilie, angesiedelt in Bad Schlema, bei Aue im Erzgebirge. Gottseidank mit Landkarte, denn sonst hätte ich das erstmal nicht verorten können..
Wir begleiten die Familie Steiner von 1908 bis 2019. Eine aufgezeichneter Stammbaum erleichtert die Orientierung, denn die Geschichte läuft in zwei Handlungssträngen und manchmal war das Nachschauen sehr hilfreich.
Wir erleben die Zeiten bitterster Armut, der Erzbergbau tief in den heimischen Stollen, hält die Familien über Wasser, kurzfristig auch die Radonwasserquelle, daher auch das "Bad" Schlema. Doch die Männer sind stolz darauf als Bergmänner ( " ein Bergmann jammert nicht " ) unter Tage zu arbeiten. Die Jahre vergehen, ein kleiner Wohlstand mit eigenem Haus und Fremdenzimmern entsteht, doch dann schlägt das Schicksal zu: der 2. Weltkrieg fordert viele Opfer, die Zeit des Kurbetriebs endet, die Familie beklagt Vermisste. Danach die Jahre als "DDR" mit Überwachung durch die Sowjets, die auch den Bergbaubetrieb "Wismut-Aue" führen. Dabei wird vor allem Uran für Waffen abgebaut, Arbeitsschutz ist überhaupt in all den Jahren relativ unbekannt und fordert seinen Preis. Chapeau, wie gut das alles recherchiert ist !
Im zweiten Erzählstrang im Jahr 2019 macht sich Luisa, das jüngste Familienmitglied der Steiners, auf die Suche nach dem seit 1951 vermissten Großonkel Rudolf. Ist er im Stollen geblieben, geflüchtet, verschleppt worden ?
Auch diese Geschichte ist spannend, erzählt viel über die Zeiten hinter dem Eisernen Vorhang.
Ich habe viel gelernt, mit den Steiners gehofft und gebangt, auch weil wir aus der Zukunft ja bereits wissen, was sie alles erwartet und wie manches ausgehen wird. Eine wunderbare Geschichtsstunde für jede Generation.
Für mich ein Leseereignis, geschichtlich hochinteressant, menschlich ohne zu viel Pathos, sachlich geschrieben, aber auch empathisch.
Nur das Cover hat mich nicht ganz so berührt, sieht mir zu allgemein und brav aus, könnte überall sein.
Ich freu mich jetzt schon auf das nächste Buch der Autorin !