Sehnsucht nach Licht - Sehnsucht nach Wahrheit

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Luisa Steiner ist Gästeführerin in einem ehemaligen Bergwerk in Schlema im Erzgebirge und ihre Familiengeschichte ist durchzogen von Geschichten unter Tage, von guten Erlebnissen, aber auch von Unfällen und ungeklärten Todesfällen, die bis heute nicht aufgeklärt werden konnten.
Mehr zufällig stößt sie auf Fälle, über die in der Familie einfach nicht gesprochen wird oder wo bisher alle Nachforschungen einfach nicht zum Erfolg geführt haben.
• Großtante Irmas Liebster und Vater ihrer Tochter Michaela, der bei einer Explosion zu Tode gekommen sein soll
• Onkel Rudolf, von dem niemand weiß, wo er abgeblieben ist
Und so springt die Handlung zwischen Heute und Damals hin und her, was aber kein Problem darstellt.

Abgedeckt wird die Zeit zwischen 1908 und 2019. Oberschlema muss das Ende des Kobaltabbaus verkraften, findet aber durch Radonquellen eine neue Einnahmequelle und wird wichtiger Kurort. Nach dem 2. Weltkrieg ist es der Uranabbau und nach dessen Ende dann doch wieder der Fremdenverkehr, der der Stadt eine Zukunft bietet.
Auch wenn die Politik immer nur im Hintergrund eine Rolle spielt, so merkt man ihre Auswirkungen doch bis ins Erzgebirge. Am Ende des 1. Weltkriegs werden Hunger und Mangelwirtschaft beschrieben, die 20er Jahre zeigen sich im Erzgebirge als Zeit des Aufschwungs im Tourismus und neuer technischer Errungenschaften, die 30er Jahre sind zunächst einmal trotz Nationalsozialismus wirtschaftlich gute Jahre, in denen sogar erste Freizeitvergnügen möglich sind. Dass Hitler doch den Krieg beginnen würde, damit hatte im Erzgebirge niemand gerechnet. Und natürlich leidet der Kurbetrieb darunter, bis er schließlich ganz eingestellt wird. Der Bergbau ist in dieser Zeit nicht nur Erwerbsquelle sondern auch Schutzort, denn Bergleute gelten als unabkömmlich und werden nicht als Kanonenfutter an die Front geschickt. Nach Ende der Kriegsgefangenschaft kommen die Männer wieder nach Hause, hier haben sich im Uranabbau neue Chancen ergeben. Die neugegründete DDR muss die von der Sowjetunion geforderten Reparationen mit Bodenschätzen und hier vorzugsweise Uran bezahlen. Die vielgelobte Freundschaft zur UDSSR besteht nur auf dem Papier, wehe man nimmt die Freundschaftsbekundungen auch noch ernst.

Der Zusammenhalt und Familiensinn der Bergarbeiterfamilie Steiner ist hervorragend beschrieben. Auf der einen Seite ist da viel Tradition, auf der anderen Seite aber auch ganz viel Liebe, sich Kümmern und füreinander einstehen. Und dieser Generationen übergreifende Zusammenhalt bewegt auch die Urenkelin Luisa noch dazu, das Schicksal Ihres Großonkels und ihrer Großtante zu ergründen, was ihr letztendlich sogar gelingt.

Sehnsucht nach Licht hatte ich zunächst auf die Arbeit unter Tage bezogen. Aber alle Männer der Familie haben sich im Stollen immer wohl gefühlt und ihnen hat die Dunkelheit nichts ausgemacht.
Es ist aber auch etwas anderes damit gemeint. Die richtige Anzahl an Lichtern im Fenster zeigte den heimkommenden Bergleuten, dass in der Familie alles in Ordnung war. Das nahm ihnen viel von der Sorge um ihre Familie. Und Sehnsucht nach Licht heißt wohl auch Sehnsucht nach Wahrheit, eine Sehnsucht, die einige Familienmitglieder lange unterdrückt haben, die aber andererseits auch immer weitergegeben wurde und im Familienkreis nie vergessen wurde.
Das Cover mit der aufgehenden Sonne im Hintergrund und den kleinen Dörfern, die sich zwischen Wäldern in ein kleines Tal schmiegen, passt gut zum Titel.