Zwischentöne

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tausendmund Avatar

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‚Stell dir vor du wachst auf und bist tot!‘ Als Kinder haben wir uns diesen Gag ständig zugerufen und fanden uns schreiend komisch. Für Maali Almeida ist das plötzlich Realität: Er kommt zu Sinnen und merkt – er ist tatsächlich tot. Gefangen in einer Art Dazwischen. Mit – wie für alle anderen mit ihm wandelnden Toten, Bestien und Dämonen – 7 Monden, also 7 Tagen Zeit für die Suche nach seinem toten Körper und die Aufklärung seines eigenen Mordes, bevor er weiterreist und seine Erinnerungen hinter sich lassen muss. Für Maali, homosexueller Kriegsfotograf im Sri Lanka des Jahres 1990, der zu Lebzeiten zahlreiche kompromittierende Fotografien über Machenschaften im Bürgerkrieg besaß, gestaltet sich die Liste der Verdächtigen als nicht gerade kurz. Und die Kontaktaufnahme zu den liebsten noch lebenden Menschen als durchaus schwierig.

Mir wurde schnell klar, warum du zum Booker-Preisträger 2022 gekürt wurdest, forderst du doch höchste Konzentration und tiefes Erleben deiner Lesenden ein, um im Gegenzug so viel Text und Kontext zu liefern – nicht nur über Sri Lanka, historisch gewachsene Konflikte und Krieg, sondern auch über imaginierte Grenzen, Zwischenräume und deren Überwindung. Alles unglaublich satirisch, mit mythologischen wie auch religiösen Bezügen, fantastisch eingesetztem magischen Realismus und einem Hauch Krimi. Und das Beste daran: Wer mag, ergeht sich während der Lektüre in literarischem Googeln (hab ich gemacht, war super bereichernd), aber Maalis Geschichte ist eben auch ohne gegoogelte Hintergründe absolut lesbar.

Und so hast du dich ganz leise und doch polternd am Ende des Jahres noch in schnell unter meine Jahreshighlights geschlichen <3