Grauzone der Sterbehilfe

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Jonas hat Max seit einiger Zeit nicht mehr gesehen. Die ehemals besten Freunde aus der Schulzeit verbindet jedoch ein Geheimnis. Als Max nun um ein Treffen bittet, nimmt sich der Staatsanwalt sofort Zeit für ihn. Max erzählt ihm von seiner Tante Maria, die an Alzheimer erkrankte und laut Patientenverfügung im letzten Stadium lieber ihr Leben beenden wollte. Als Arzt hat Max Zugang zu Medikamenten, die seiner Tante diesen Wunsch erfüllen würden. Allerdings sind Patienten in diesem Stadium nicht mehr in der Lage, diese selbst einzunehmen. Max muss sich nun einem Prozess stellen, in dem es um selbstbestimmte Tötung und Beihilfe zum Suizid geht.

Als Jurist kann Markus Thiele auf eine große Erfahrung diverser Rechtsprechungen zurückgreifen. Diese lässt er auch in seinem dritten Roman einfließen. Die sieben Schalen des Zorns stellt die Grauzone zwischen Erlaubtem und Verbotenem in der Sterbehilfe dar. Eine übersichtliche Anzahl an Figuren helfen dabei, die Beweggründe aus allen Positionen zu erfassen und die damit verbundenen Abwägungen zu verstehen. Max hat sich bei seiner Approbation verpflichtet, Leben zu erhalten. Gleichzeitig möchte er als liebender Neffe seiner Tante die Qualen erleichtern. Maria hat verfügt, dass zum Zeitpunkt des unabänderlichen Verlaufs der Krankheit Max die tödlichen Medikamente zur Verfügung stellen soll. Er soll sie auf dem letzten Weg begleiten. Der Zeitpunkt, zu dem sie die Tabletten selbst zum Mund führen könnte, ist längst überschritten. Jonas müsste den Fall eigentlich ablehnen, will seinem Freund aber aufgrund der gemeinsamen Vergangenheit helfen. Er nimmt vor Gericht eine Position ein, bei der er den Verlauf gut lenken kann. Es wäre allerdings kein Roman des Autors, wären da nicht noch einige Wendungen verarbeitet. Diese lassen den bisher angenommenen Verlauf in einem ganz anderen Licht erscheinen und der Ausgang ist wieder offen.

In diesem Buch über die Frage, ab wann wird Sterbehilfe zum Mord, geht es um gesetzliche Urteile und die Betrachtung unter moralischen Aspekten. Während einzelne Paragrafen eindeutig definieren, was erlaubt ist und was nicht, findet die Moral immer wieder Argumente, noch weitere hinzuzuziehen. Straftaten gegen das Leben haben auch immer einen ethischen Standpunkt, der zu einem anderen Urteil kommen lässt. Als Betroffene und deren Angehörige fließen außerdem Emotionen ein, die in dieser Handlung das wahre Spannungselement bilden. Den Angeklagten schließt man ins Herz, dem Jurist drückt man die Daumen und immer wieder schweifen die Gedanken ab. Wie würde ich in einer solchen Situation reagieren? Als Erkrankte, passive Beihelferin oder als leibliche Tochter, die nicht gefragt wurde? Da dieser Roman auf wahren Tatsachen beruht, hat das Leben wieder eine spannende Geschichte geschrieben.

Die sieben Schalen des Zorns von Markus Thiele weckt Emotionen verschiedenster Art. Die fiktiven Figuren bringen den an wahre Begebenheiten angelehnten Fall nahe. Es werden die verschiedenen Perspektiven eingenommen und deren Vergangenheit kurzweilig präsentiert. Das Leben ist eben keine Momentaufnahme, auch wenn sich die Tat in nur einem Augenblick vollziehen lässt. Der Roman ist gleichzeitig großartige Unterhaltung als auch Anregung, sich mit dem Tabuthema auseinanderzusetzen.