Unterhaltsames Lesen mit Gewinn!

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mike nelson Avatar

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Während des Lesens habe ich lange gerätselt, wie der Titel des neuen Romans von Markus Thiele "Die sieben Schalen des Zorns" zu verstehen ist. Bibelfeste Leser:innen werden sofort verstanden haben, dass es hierbei um die Offenbarung des Johannes geht. Der Arzt Dr. Max Keller erlebt sich als Opfer mehrer (genauer gesagt sechs), traumatischer Schicksale und beschließt schließlich, sich selbst gegen das Schicksal zu stellen: Er leistet seiner geliebten, schwer demenzerkrankten Tante aktive Sterbehilfe und macht sich damit nach geltendem Recht strafbar. So gelingt es dem Autor, in einem gut und komplex komponierten und bis zuletzt spannenden Plot Fragen der Moral, der Ethik und der Rechtsprechung einzubinden - beste Unterhaltung, welche wichtige Fragen zur Würde des Menschen thematisiert. Das Buch regt stark zm Weiterdenken an: "Es wird Zeit, den Tod endlich als das zu akzeptieren, was er ist - ein Bestandteil des Lebens." "Der Tod war immer weit weg, solange man lebte und gesund war. Und dann stand er plötzlich vor der Tür." Und eine Rechtsprechung kann immer nur den Anspruch haben, auch gerecht zu sein, wenn sie nicht nur starre Gesetzesanwendung ist, sondern stets auch den situativen Kontext berücksichtigt und bereit ist, sich weiter zu entwickeln. Ganz nebenbei wird deutlich, dass der Autor - selbst Jurist - sich auch intensiv mit dem Krankheitsbild der Demenz auseinandergesetzt hat. Und für die Demenz bedeutet dies - so lässt der Autor den Staatsamwalt bei Gericht sagen -, den Wunsch des noch intakten Ich der sich noch in der Frühphase der Erkrankung befindlichen Person (nachdem die Diagnose feststeht) nach einem würdigen Sterben zu berücksichtigen, weil bei fortgeschrittener Demenz genau diese Instanz nicht mehr verfügbar ist. Keine goße Literatur - aber eine differenzierte Auseinandersetzung mit herausfordernden Fragen des Lebens! Unterhaltsames Lesen mit Gewinn!