Vielschichtiger Roman über ein juristisches Dilemma

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cracklinrosie Avatar

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Markus Thiele hat sich eines Themas angenommen, das hierzulande die Gemüter ähnlich spaltet wie das Thema Abtreibung: Sterbehilfe.
Von unterschiedlichen Seiten her wird an die Thematik heran gegangen, die unterschiedlichen Sichtweisen durch verschiedene Protagonisten eingenommen. Dazwischen das Dilemma von Jonas, Staatsanwalt mit großen Chancen auf Beförderung. Nicht zuletzt deshalb, weil ihn mit dem Angeklagten Max seit ihrer Kindheit eine tiefe Freundschaft verbindet. Und er kannte das vermeintliche Opfer ebenso von Kindesbeinen an. Dazu kommt noch eine alte Schuld gegenüber Max, der ihn seinerzeit vor weitreichenden Folgen bewahrte.
Auf der anderen Seite ist Jonas Staatsanwalt durch und durch; immer auf der Seite des Gesetzes, auch, wenn ein Gesetz ihm nicht immer richtig erscheint. Seiner Meinung nach muss die Rechtsprechung sich an die geltenden Gesetze halten. Für eine etwaige Änderung oder Anpassung sind ausschließlich die gesetzgebenden Institutionen zuständig.

Der Roman entwickelt sich mit jedem Kapitel und lässt das Geschehene und die Hintergründe immer klarer für die Lesenden erscheinen. Nichts ist wirklich einfach. Die beiden Protagonisten Max und Jonas könnten unterschiedlicher kaum sein, was das Elternhaus und das Umfeld angeht. Trotzdem werden sie innige Freunde und verbringen ihre gesamte Jugend miteinander.
Dankenswerterweise sind die unterschiedlichen Kapitel mit Ort und Datum versehen, dass beim Lesen keine Unklarheiten aufkommen. Es gibt immer wieder Zeitsprünge, die für das bessere Verständnis des "Täters" vonnöten sind.
Die Charaktere, allen voran Max, werden mit der Geschichte immer dichter und klarer und ich konnte mich sehr gut in eigentlich alle Personen des Romans einfühlen. Es wird keine Partei ergriffen, sondern im Grunde jeder Argumentation Raum gegeben, sodass man sich während der Lektüre selbst eine Meinung bilden kann.
Sehr interessant war für mich der Einstieg des Buches, bei dem Jonas in Max Schuld gerät. Genau das bringt ihn später in die Bredouille, ob wirklich immer für ihn Recht und Gesetz an erster Stelle steht.

Der Roman ist sehr unterhaltsam geschrieben, wenngleich er mich nicht so mitgerissen hat wie sein letztes Buch. Trotz allem uneingeschränkt empfehlenswert!