Lauf Kaninchen, lauf!

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anneteekanne Avatar

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Cover:
Die herrschaftliche Treppe in der Eingangshalle von Blackheath.
Auch der Lage- und Hausplan sind nützlich bei der Mördersuche.

Zum Buch:
Aiden Bishop wacht ohne jegliche Erinnerung in einem Körper auf, den er nicht kennt. Von einer Person in Pestdoktor-Kostüm erfährt er, dass er acht Tage Zeit hat, den Mörder von Evelyn Hardcastle zu finden. Jeden Tag wacht er am Morgen des Balls in einem anderen Körper (Wirt) auf, diese muss er nutzen, um das Rätsel zu lösen, aber er ist nicht allein, er hat "Mitspieler".

Meine Meinung:
Ich habe das Buch heute Morgen beendet. Nach 34 Tagen. Nein, ich bin kein Schnell-Leser, aber ein durchschnittliches Buch schaffe ich pro Woche.
"Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle" waren streckenweise länger als ein Buch.
Aber das lag auch daran, dass es die Geschichte in der Geschichte gab. Dass ich mir trotz dienlicher Auflistung der "Mitwirkenden" am Anfang des Buches, ab Tag 4 (im Buch, nicht Lesetag) einen Ablaufzettel schreiben musste, um nicht durcheinander zu geraten oder etwas zu vergessen.
Es lag daran, dass das Buch erst ab Seite 200 "in Schwung" kam, als müsste es sich vorher warm laufen.
Und ja, der Mittelteil war ein echter Krimi, ein typisches Who-Done-It. Alle Hintergründe, Abgründe und Fisimatenten auf Blackheath wurden beleuchtet. Das war aber nicht ganz einfach, denn es wurde schnell klar, dass der Tod von Evelyn mit dem Mord ihres Bruders Thomas vor neunzehn Jahren zusammenhing.

Und dann kamen die letzten 100 Seiten, ein paar Hinweise wurden gestreut, ein paar Rätsel wurden gelöst, es gab noch mal ein paar Tote und es wurde viel über die zweite Geschichte erzählt, über Aiden und über Anna. Bei den letzten zwanzig Seiten hatte ich ein wenig Angst, das mich das Buch so kurz vor dem Schluss doch noch total frustrieren würde. Es zog sich alles in die Länge und ich dachte echt "Stuart, komm zum Ende". Ob mich das Ende befriedigt oder ich damit glücklich bin, weiß ich nicht, es passt zum Buch.

Das Problem, ich konnte mich in keinem Protagonisten wiederfinden. Alle trugen Masken und gaben etwas vor, was nicht war:
"Ich habe plötzlich das Gefühl, in einem Theaterstück mitzuspielen, bei dem jeder seinen Rollentext kennt außer mir." (Seite 106 - Aiden Bishop am dritten Tag im Wirt Donald Davies)

Mit wem soll sich der Leser da identifizieren? Mit Aiden, der in acht Gestalten auftritt und zwischen durch auch noch versucht herauszufinden, wer er selbst eigentlich ist:
"Zum ersten Mal frage ich mich, wer ich wohl gewesen sein mag, bevor ich an diesen Ort kam und welche kette von Ereignissen es war, die mich in diese Falle geführt hat." (Seite 123 - Aiden Bishop am vierten Tag im Wirt Cecil Ravencourt). Der an der Aufgabe zweifelt, an dem Spiel, an dem Mord.
"Wie oft haben wir all das hier schon gemacht?"; frage ich. "Tausende Male, vermute ich. Mehr als ich es jemals zu zählen vermag." (Seite 385 - Aiden im Zwiegespräch mit dem Pestdoktor)
Oder mit Anna, die mal hilfreich, mal hinterhältig ist und die immer nur einen Tag erlebt.
Mit Evelyn, die verzweifelt ist und stirbt.
Mit Michael, der seine Schwester liebt und nur alle retten möchte.
Mit Cunningham, der hochwohlgeboren und doch nur ein Diener ist.
Alle Figuren in diesem Buch tragen so viel Schmerz, Leid, Wut, Hass, Herz und Liebe mit sich herum, dass man nicht weiß, was jetzt gerade dran ist.
Das macht es so schwer, man kann sich nicht auf eine Seite schlagen, man wechselt immer wieder die Fronten und versucht (wie Aiden) nichts zu vergessen und sich nicht zu verheddern.

Fazit:
Die Geschichte war ziemlich verworren.