Wer tötet wen und warum?

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buecherfan.wit Avatar

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Stuart Turtons hochgelobter Debütroman ist ein etwas anderer Krimi. Lord und Lady Hardcastle haben zum Maskenball auf ihr heruntergekommenes Anwesen Blackheath eingeladen. Es ist exakt der Tag, an dem 19 Jahre zuvor ihr kleiner Sohn Thomas ermordet wurde. Während des Fests wird die erst kürzlich aus Paris zurückgekommene Tochter Evelyn ermordet. Unter den Gästen ist Aiden Bishop, der als Einziger nicht zu den damals Anwesenden gehört. Was es mit ihm auf sich hat, wird erst allmählich enthüllt. Zu Beginn der Geschichte wacht er orientierungslos und ohne Erinnerung im Wald auf und ruft „Anna“ – eine Figur, die ebenfalls eine wichtige Rolle spielt. Er wird in der Folge acht Mal denselben Tag erleben, jedes Mal im Körper eines anderen Gastes, dessen Aussehen und Verhaltensweisen er übernimmt, obwohl einige Figuren so unsympathisch sind, dass er sie verabscheut. Ihm wird zunehmend bewusst, dass er eigentlich Aiden Bishop ist. Er muss bis zu einem bestimmten Zeitpunkt Evelyns Mörder nennen können, sonst beginnt alles von vorn wie schon Hunderte oder sogar Tausende von Malen zuvor, und er kann Blackheath nicht verlassen. Hinzukommt das Dilemma, dass er Evelyn sympathisch findet und eigentlich retten möchte, was seinen eigenen Interessen zuwider läuft. Er hat zwei Rivalen, aber nur einer der drei kann Blackheath verlassen. Ein maskierter Psychopath bedroht ihn immer wieder mit einem Messer und gefährdet zusätzlich seine Mission.
Die Handlung ist bis zur unvorhersehbaren Auflösung außerordentlich verworren. Das liegt nicht nur an den ständigen Perspektivwechseln und den Zeitschleifen, sondern auch daran, dass irgendwann auch der Mord an dem Kind neu aufgerollt wird. Am Ende dürfte es den meisten Lesern unmöglich sein, die Handlung korrekt zusammenzufassen und Täter und Motiv der zahlreichen Morde zu nennen. Besonders spannend fand ich den Roman in seiner epischen Breite nicht. Auch die Charakterisierung der Figuren leidet unter dem Fehlen einer stringenten Handlung. Streckenweise erinnert das Buch an häufig ebenfalls in Landhäusern spielende Romane der 20er Jahre oder an die Gothic Novels des 19. Jahrhunderts. Mich hat Turtons Roman mit seinen Fantasy- und Horrorelementen enttäuscht. Ein bisschen mehr Realismus darf es schon sein.