Viel Wirbel um nichts

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fraupfeffertopf Avatar

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Inhalt: Die Geschichte beginnt mit einer tragischen Auseinandersetzung im Jahr 2005: Lulu Davenport und Gerald Rutledge waren 1948 für einige Wochen verheiratet. Plötzlich kam es zur Scheidung - den Grund erfuhr niemand. Beide sind inzwischen 80 Jahre alt, erneut mit einem anderen Partner verheiratet und haben jeweils ein Kind. Als sie sich nach Jahren des erfolgreichen Meidens schließlich begegnen, ist die Wut, der Schmerz und die Verbitterung noch immer so stark, dass es zu einer Tragödie kommt. Beide stürzen die Klippen hinab und sterben.
Dieses traurige Ende von zwei sich ehemals Liebenden leitet direkt zu ihrem Geheimnis über: Welches einschneidende und katastrophale Ereignis hat Lulu und Gerald so plötzlich auseinander gebracht, dass sie seitdem kein einziges Wort mehr miteinander wechseln wollten? Und das über 60 Jahre lang auf ein und derselben Insel?

Meinung:
(+) Die Geschichte wird rückwärts in Dekaden aufgerollt, um schrittweise aufzudecken, was einst wirklich geschah. Dieser gewählte Handlungsablauf gefällt mir sehr gut. Der Spannungsbogen bleibt so erhalten und man muss sich als Leser in Geduld üben, bis endlich Licht in das verworrene Mysterium um Lulu und Gerald gebracht wird. Ein weiterer positiver Aspekt betrifft das Setting der Geschichte. Peter Nichols beschreibt die Schönheit der Insel Mallorca sehr schön und regt dadurch die Fantasie an. Man stellt sich die Klippen vor, das Schauspiel der sich an den Klippen brechenden Wellen, die sonnengefluteten und belebten Straßen oder die malerischen Olivenhaine.

(-) Teilweise ging die Geschichte sehr schleppend voran, sodass meine Geduld hinsichtlich der Offenlegung des Geheimnisses mehr und mehr strapaziert wurde. Die Neugierde blieb zwar erhalten, wurde aber durch eben solche Passagen gedrosselt. Doch dann war es endlich soweit...nur das Geheimnis, das schließlich zu Lulus und Geralds Ende führte, ist gar nicht so weltbewegend, wie ich erwartet hatte! Nichts, was man nicht in all den Jahren hätte klären können. Für mich war des Rätsels Lösung somit sehr enttäuschend.
Schwierig fand ich zudem den raschen Perspektivenwechsel. Es tauchen so viele Charaktere auf, dass ich mich einige Male gefragt habe, wer eigentlich spricht, wer diese Person nochmal war und in welcher Beziehung die Figuren zueinander stehen. Zu den Figuren selbst fand ich bis zum Schluss keinen Draht. Besonders Lulu hat mich aufgeregt. Ich war zwar etwas erschrocken, als bereits am Anfang so derbe Wörter von einer 80-jährigen ausgesprochen wurden, aber die Abneigung hat sich erst im weiteren Verlauf der Geschichte entwickelt. Lulu ist so exzentrisch und egoistisch. Einfach fürchterlich. Sie benutzt andere für ihre Zwecke ohne Rücksicht auf Gefühle. Doch richtig schockiert hat mich, dass sie Geralds Enkel verführt hat - er 15 Jahre alt, sie 70! Dass sie eine unglaubliche Sexbombe ist, wird mir zu oft wiederholt und ist überflüssig.
Den Titel finde ich im Nachhinein irreführend und unglücklich gewählt. Es lässt auf einen Lebensweg schließen, den Gerald und Lulu über längere Zeit gemeinsam gingen. Ihre "große" Geschichte wurde mir dann aber zu schnell abgehandelt.
Ich bin enttäuscht über die Handlung und die Charaktere. Überhaupt fehlt mit der Pfiff, sodass meine anfängliche Begeisterung schließlich im Meer der Langeweile versunken ist.