Wunderschönes Epos

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apomaus Avatar

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Lulu und Gerard leben auf derselben Insel, waren einmal - kurz - verheiratet und leben nun so geschieden wie nur möglich. Durch einen Zufall treffen sie sich als alte Menschen wieder und sterben beim Sturz von der Klippe ins Meer. Ihre beiden Kinder Luc und Aegina - keine Geschwister, nicht einmal Halbgeschwister - haben ebenso eine merkwürdige Beziehungsgeschichte zueinander. Und sie wissen nicht, was geschah, das Lulu und Gerard einst entzweite.
Peter Nichols erzählt mit stoischer Ruhe rückwärts. Er beginnt im Jahr 2005, als Lulu und Gerard verunglücken und arbeitet sich immer weiter in die Vergangenheit. Wie ein Archäologe schält er die einzelnen Jahre und Jahrzehnte aus dem Staub, säubert das eine oder andere Beziehungsfundstück und poliert es, bis es glänzt, während andere Aspekte im Dunkel liegen bleiben.
Gerard ist ein Kenner und Liebhaber der Odyssee, sein Traum ist, die Reise des Odysseus nachsegeln zu können. Der Atem des griechischen Epos ist auch in diesem Buch spürbar. Nicht alles erscheint beim Lesen sofort logisch und verständlich, manchmal verliert man vielleicht den Zusammenhang, aber immer ist man in der bildhaften und edlen Sprache gefangen und erlebt mit den Personen die episodenhaften Teile der Gesamtgeschichte. Das Ende macht traurig und froh zugleich, und von wunderschöner Poesie ist das letzte Kapitel.
Ein Buch für Menschen, die mit anderen träumen möchten und die aushalten, wenn Träume an der Wirklichkeit zerschellen.