"Kîne em. Wer sind wir."

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"Kîne em. Wer sind wir."

Auf diesen kurzen Satz läst sich "Die Sommer" durchaus herunterbrechen. Es ist ein Buch über Leylas Erinnerungen an eben jene Sommer, die sie mit und bei ihrer Familie (väterlicherseits) in Nordsyrien/Kurdistan verbrachte...und mehr. Es ist die Geschichte von politischer und religiöser Verfolgung, vom Versuch der Auslöschung einer ganzen Volksgruppe, von Widerstand, und auch von Identität, vom zwischen-den-Kulturen-aufwachsen, von Unterschieden, von Gemeinsamkeiten, von Vorurteilen... und mehr.

Ronya Othmann schreibt ohne Kapitel, wodurch ich das Lesen am Anfang etwas mühsam fand. Das legte sich aber sehr schnell, denn diese unterschiedlichsten Erinnerungen ohne große Pausen schaffen eben auch eine große Dringlichkeit und Sogwirkung, der ich mich gar nicht entziehen konnte (oder entziehen wollte). Die Autorin beschreibt Orte so liebevoll, dass man sie vor dem inneren Auge sieht, die Trockenheit spürt, die Süße der Wassermelonen zu schmecken scheint; ebenso die Menschen, ihren Alltag, ihre Bindungen, ihre Hoffnungen und (existentielle) Sorgen - sie schafft Empathie für Stimmen, die zu oft nicht gehört werden.

Das Buch habe ich verschlungen. In einer Welt, in der oft eher Gräben gerissen werden, anstatt Brücken zu bauen, ist "Die Sommer" ein Roman, den möglichst viele Menschen lesen sollten.