Zwischen zwei Welten

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schneespur Avatar

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In Ronya Othmanns Roman „Die Sommer“ verbingt Leyla, in Deutschland geboren und aufgewachsen, ihre Sommerferien jedes Jahr bei der Familie ihres Vaters, welche als jesidische Kurden in einem kleinen Dorf in Nordsyrien leben. Während ihre Verwandten Leylas Eigenheiten gerne damit abtun, dass sie eben aus Almanya komme, reagieren Leylas Klassenkameraden mit Unverständnis auf ihre Herkunft, da es Kurdistan gar nicht gäbe. Ob Leyla sich mehr deutsch oder kurdisch fühle? Leylas Antwort hängt von der Herkunft des Fragestellers ab. Leylas Zerrissenheit zwischen diesen beiden sehr unterschiedlichen Welten verstärkt sich zunehmend, als in Syrien die Demonstrationen gegen al-Assad den arabischen Frühling einleiten...

Besonders gut hat mir die Darstellung von Leylas jesidischer Verwandtschaft gefallen. Die Beziehung zwischen Leyla und ihren Verwandten sowie das einfache und schwere Leben ihrer Verwandten ist intensiv, detailliert und sehr gut nachfühlbar beschrieben. Aus den Erzählungen von Leylas Vater, die fragmentartig und fast schon dokumentarisch in die Erzählung gewebt sind, erfährt man sehr viel über die Geschichte der Jesiden und die Hintergründe des arabischen Frühlings. Im letzten Drittel des Buches fokussiert sich die Erzählung zunehmend auf Leyla. Hierbei konnte ich Leyla und ihre Gefühle der Wut, der Hilflosigkeit und der Schuld sehr gut nachvollziehen, dennoch fand ich sie an manchen Stellen etwas grob skizziert, so dass das Ende des Buches für mich recht abrupt kam. Insgesamt aber ein Buch, das ich sehr gerne gelesen habe, schon allein weil die Thematik so aktuell und interessant ist.