Politkrimi – leider mit stark abfallender Spannungskurve

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sidis-bib Avatar

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Der Politkrimi „Die Spiele“ erzählt die fiktive Geschichte rund um den Mord an dem mosambikanischen IOC-Funktionär Charles Murandi, vermischt diese aber mit zahlreichen realen Personen und Fakten.

Um was geht es?
Shanghai im Jahr 2021. Die olympischen Sommerspiele 2032 sollen vergeben werden. Unter anderem bewerben sich Deutschland und eine Kooperation dreier afrikanischer Staaten für die Austragung. Mit von der Partie als Vertreter für Afrika ist der mosambikanische IOC-Funktionär Charles Murandi. Am Tag vor der Entscheidung wird er ermordet in seinem Hotelzimmer aufgefunden. Der deutsche Journalist und Bekannter Murandis, Thomas Gärtner, wird von der chinesischen Polizei verhaftet. Laut Sicherheitskamera hat er als letzter Murandis Hotelzimmer verlassen. Doch Gärtner kann sich an nichts mehr erinnern. Lena Hechfellner, die deutsche Konsularbeamtin und Bekannte Gärtners, versucht Licht ins Dunkel zu bringen und ihm zu helfen. Schon bald finden sich beide in einem nahezu undurchdringlichen Netz aus Lug. Betrug und Verrat wieder, das bis weit in die Vergangenheit zurückreicht – in die ehemalige DDR und nach Mosambik.

Die beiden Protagonisten des Buches könnten kaum unterschiedlicher sein. Zum einen ist da Lena Hechfellner, eine intelligente Konsularbeamtin, die ehrgeizig ihre Ziele verfolgt, auch ihre persönlichen. Und das ohne Rücksicht auf Verluste. Zum anderen gibt es den chinesischen Kommissar Frank Luo, ein smarter Ermittler, der das eine oder andere Problem mit dem „System“ hat und sich gerade so regeltreu verhält, wie es unbedingt erwartet wird. Während er versucht, die Zusammenhänge zu erkennen und das Beziehungsgeflecht rund um Charles Murandi in dessen Gegenwart und Vergangenheit zu entwirren, arbeitet Lena an der Freilassung von Thomas. Dabei prallen Welten aufeinander, die insbesondere durch die Nebenpersonen verdeutlicht werden, wie zum Beispiel Lenas Haushälterin Yaya, die als 2. Kind einer Chinesin offiziell nicht existiert und es doch tut. Oder der undurchschaubare, skrupellose Herr Pan, der mit allen Beteiligten wie mit Marionetten spielt.

Das Buch selbst lässt sich zwar gut und flüssig lesen, aber leider wurde meine anfängliche Begeisterung nach der Leseprobe nicht bestätigt. Der Spannungsbogen der Geschichte flacht sehr schnell ab. Wir finden uns schon bald in langwierigen Befragungen, Schilderungen, Dialogen und Rückblenden wieder, in denen Mosambik, die Madgermanes, der Einfluss Chinas in Afrika, sozialpolitische Probleme und Überwachung in China und noch vieles mehr thematisiert wird. Zwar ist das alles interessant, doch erschien mir zeitweise der Mord eher zur Rahmenhandlung zu verkommen. Bei „Die Spiele“ handelt es sich also nicht um einen klassischen Krimi mit Befragungen, spannenden Beweisen oder überraschende Erkenntnisse, die einen weiterbringen. Man kann nicht miträtseln, was hinter allem steckt, da die Zusammenhänge zu undurchschaubar sind und immer wieder neue Aspekte aufkommen. Wer dadurch aber zusätzliche Spannung erwartet, wird enttäuscht. Die Geschichte plätschert vor sich hin.

Zudem war mir persönlich die Geschichte rund um Charles Murandi, Thomas Gärtner und Lena Hechfellner irgendwann auch einfach zu konstruiert und hat mich überhaupt nicht mehr überzeugt, geschweige denn mitgerissen. Leider war auch das Ende des Buches für mich unbefriedigend. Es hat sich für mich wie abgebrochen angefühlt. Eigentlich wissen wir von keiner der Hauptpersonen oder wichtigen Nebencharaktere, was mit ihnen passiert und was aus ihnen geworden ist. Alles ist offen. Frank Luo muss zum Rapport. Ja und jetzt? Wie ging es mit Sascha Daniels weiter? Oder mit Lenas Haushälterin Yaya? Und so weiter.

Fazit:
Auch wenn das Buch als Krimi ausgeschrieben ist, kann ich es keinem Krimileser wirklich empfehlen. Teilweise ist für mich der Mord zur Rahmenhandlung geworden, die sozialkritischen und politischen Themen zur Haupthandlung. Wer allerdings Lust hat, sich mit den Madgermanes, China und politischen „Spielen“ auseinanderzusetzen, wird vermutlich Spaß mit diesem Buch haben. Für mich sind es leider nur zwei von fünf Sternen. Stark begonnen, leider schnell abgebaut und das offene Ende für die meisten Figuren im Buch haben mich zu dieser Bewertung bewogen.