Solider Krimi mit viel Politik

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In Shanghai soll das IOC den Austragungsort der olympischen Spiele 2032 festlegen. Noch vor der Verkündung wird der mosambikanische Abgeordnete tot in seinem Hotelzimmer gefunden. Verdächtig ist ein deutscher Journalist, der seit über 20 Jahren aus Afrika berichtet und das Opfer persönlich kannte. Das Motiv scheint in die Vergangenheit zurückzureichen. Politik und Diplomatie stehen den Ermittlungen im Wege. Und was haben ein zweiter Journalist und eine Konsulatsmitarbeiterin damit zu tun?

Der Autor gibt sich viel Mühe, das politische Klima und die verschiedenen Interessen in China und Mosambik darzustellen. Die Schilderungen wechseln zeitlich zwischen den Tagen vor dem Mord, den Tagen danach und unterschiedlichen Begebenheiten in der Vergangenheit hin und her. Der Fokus scheint hier nicht nur auf der Handlung zu liegen, sondern auch auf der Vermittlung der Strukturen und Probleme der beiden Länder, der Ausbeutung von mosambikanischen Gastarbeitern in der DDR, der Entwicklung des Landes nach 1990 und den geopolitischen und wirtschaftlichen Ambitionen Chinas in Afrika. Mangels persönlichen Wissens kann ich nicht bewerten, inwieweit die Darstellungen den beiden Ländern gerecht werden. Das Buch bietet jedoch einen interessanten Einblick in die Thematiken, der mittels weiterführender Literatur vertieft werden könnte.

Der Kriminalfall selbst wirkt über weite Strecken recht verworren und undurchsichtig. Das dürfte zu einem großen Teil daran liegen, dass sehr viele Figuren in verschiedenen Zeitebenen an den Zusammenhängen beteiligt sind. Keine der Figuren ist im engeren Sinne liebenswert oder sympathisch. Alle streben nach ihrem Vorteil und benutzen sich gegenseitig. Die Auflösung am Ende ist fast schon zu trivial und lässt mich etwas unbefriedigt zurück.

Highlights zwischendurch sind die Szenen mit der Kanzlerin und dem Innenminister. Während der Autor sie als vernünftige, praktische Person skizziert, bekommt Seehofer sein Fett weg. Dabei wird streng genommen nur seine frühere öffentliche Präsenz konsequent weitergeführt. Es entsteht eine sehr gelungene Nebenhandlung, die mitunter sehr amüsant ist.

Dieses Buch ist nicht einfach nur ein Krimi. Es bietet auch sehr viel Informationen und menschliche Einsichten. Der Schreibstil an sich war sehr flüssig, trotzdem hat das Lesen des Buches länger gedauert als ich vermutet hätte, was wohl an den vielen zu verarbeitenden Informationen gelegen hat. Es bleibt das Gefühl, dass hier mehr möglich gewesen wäre, wenn der Autor den Fokus etwas mehr auf die Rahmenhandlung gelegt hätte.