Spiele mit unbekannten Regeln

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Ich erhielt das Buch als Freiexemplar für das Verfassen einer Rezension.
Die Inhaltsangabe hatte vorab einen Krimi versprochen, der in China und der Ex-DDR, im Jahr 2021 und vor der Wende spielt. Den Ausgangspunkt der Handlung spielt die Vergabe der Rechte für die Olympischen Sommerspiele 2032.

Im September 2021 tagt in Shanghai das Internationale Olympische Komitee, um die Sommerspiele 2032 zu vergeben. Kurz vor der entscheidenden Abstimmung wird der mosambikanische IOC-Funktionär Charles Murandi ermordet in seinem Hotelzimmer aufgefunden. Aufnahmen einer Sicherheitskamera zeigen, dass der deutsche Journalist Thomas Gärtner sich als Letzter im Zimmer des Opfers aufgehalten und beim Verlassen unbekannte Dokumente mitgenommen hat. In Zeitsprüngen erzählt Stephan Schmidts Roman ,,Die Spiele“ was vor und nach diesem Mord und der entscheidenden Abstimmung des IOC passiert.
Obwohl der Roman vom Verlag auf der Titelseite explizit als ,,Kriminalroman“ gekennzeichnet wird, ist der Mord tatsächlich nur eine Randnotiz in der Handlung des Romans. Spannung findet man in diesem Roman weniger durch Mord und Totschlag als vielmehr durch die Schilderung von Machtspielen der internationalen Politik an verschiedenen Standorten der Welt. Man erfährt dabei unter anderem eine Menge über Themen wie die Politisierung des Sports, Verhörtechniken chinesischer Behörden und ein für mich besonders interessantes - und bis dato unbekanntes – Thema, die Ausbeutung mosambikanischer Vertragsarbeiter der DDR, den Madgermanes.

Es ist kein Buch für leichte Stunden, man muss sich bei den wirklich sehr zahlreichen Zeit- und Ortswechseln schon sehr konzentrieren, um zu wissen, wo man grade ist. Dies führt auch dazu, dass man mit den Charakteren, die durchaus ausführlich beschrieben werden nicht so richtig warm wird, denn man taucht als Leser nie wirklich in das Leben und Erleben der Protagonisten ein, kaum ist man etwas angekommen, geht es schon wieder an einem anderen Ort zu einer anderen Zeit weiter. Dies und der Schreibstil des Autors führen dazu, dass man immer auf Distanz bleibt, was zum Handlungshintergrund aber natürlich passt, denn kuschelig wird es weder in der internationalen Politik noch beim Aushandeln von Veranstaltungsorten für Olympische Spiele in der Realität zugehen. Insgesamt bleiben die Zusammenhänge lange schwer durchschaubar, der Leser ist Zuschauer bei einem Spiel, in dem die Beteiligten selbst die Regeln nicht zu kennen scheinen.

Schlussendlich ist das Buch auch wenn ich nicht den nach der Vorankündigung erwarteten klassischen Krimi vorfand nichts destotrotz lesenswert. Er führt in die Ferne und taucht gleichzeitig in die deutsche Geschichte. Aktuelle Themen werden bekannt bearbeitet.
Mit der Kategorisierung Kriminalroman führt man den Leser jedoch auf eine falsche Fährte, die zu Enttäuschung führen könnte. Der Verlag täte für spätere Ausgaben gut daran, diese Kategorisierung wegzulassen.