Literarischer Krimi mit politischem Hintergrund

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Kurz bevor 2021 in Shanghai die Vergabe der Olympischen Sommerspiele 2032 stattfindet, wird der fiktive mosambikanische IOC-Funktionär Charles Murandi tot in seinem Hotelzimmer vor Ort aufgefunden. In seinem Kriminalroman „Die Spiele“ beschreibt Stephan Schmidt, der als Stephan Thome bereits einige literarische Romane veröffentlich hat, die beschwerliche Suche nach dem Mörder.

Der deutsche Journalist Thomas Gärtner wird von der chinesischen Kriminalpolizei für die Tat verhaftet wird. Lange bleibt unklar, ob er es wirklich war. Ein Video des Hotels zeigt, wie er aus dem Zimmer des Opfers kommt und dabei Dokumente bei sich trägt. Aber Gärtner war stark angetrunken und leidet unter Gedächtnisverlust. Das Deutsche Konsulat schaltet sich ein und schickt die Konsularbeamtin Lena Hechfellner, die Gärtner seit vielen Jahren kennt. Sie verbirgt etwas, was lange nicht bekannt ist, wodurch auch sie als Mörderin in Frage kommt. Ein weiterer Journalist profitiert durch die Berichterstattung von der Verhaftung Gärtners. Vielleicht hat er deshalb den Funktionär umgebracht oder es war jemand ganz anderes aus dem korrupten Umfeld des Opfers.

Der Kriminalroman beginnt mit einem Prolog, der im Jahr 1994 in Mosambik spielt und mir als Leserin den Vorteil gegenüber einigen Figuren in der Erzählung gab, dass ich nun wusste, dass der Verhaftete und der Ermordete einander kannten. Gleichzeitig weist die Einleitung mit dem Thema der Madgermanes auf ein wenig bekanntes Kapitel der deutschen Geschichte hin. Stephan Schmidt schreibt als allwissender Erzähler und so konnte ich all den feinen Nuancen in den zwischenmenschlichen Aktionen nachspüren. Bewusst lässt er seine Figuren, meistens aus Berechnung, bestimmte Tatsachen zurückhalten. Während sich die Handlung in der Gegenwart über mehrere Tage kontinuierlich weiterentwickelt, schiebt der Autor Kapitel ein, die einige Tage vor dem Mord oder mehrere Jahre in der Vergangenheit spielen und mit und mit dazu beitragen, die Hintergründe aufzuklären, wie es zu der Tat kommen konnte. Sie dienen aber auch dazu, den Charakter der Protagonisten vertieft darzustellen.

Dank guter Recherche und seiner eigenen Erfahrungen gelingt es Stephan Schmidt das mir ungewohnte Verhalten der Chinesen zu anderen Staaten und den Umgang untereinander treffend darzustellen. Während Presse, Konsulat und chinesische Kriminalpolizei sich am Mordfall abarbeiten, lässt der Autor aufgrund der Vergabe der Olympischen Spiele die deutsche Bundeskanzlerin in Begleitung weiterer Politiker in China einfliegen. Obwohl die Figuren alle seiner Fantasie entspringen, sind Ähnlichkeiten zu bekannten Persönlichkeiten erkennbar.

Im Cover des Buchs spiegelt sich die Vielfalt Chinas wider, eine Welt, die voller Gegensätzlichkeiten zu sein scheint. Korruptes Verhalten als Mittel der Wahl unter Einsatz von Manipulationen, Erpressungen und Drohungen findet sich in der Handlung zuhauf und ändert im Handumdrehen das Machtgefüge. Seit langem praktiziert China eine restriktive Bevölkerungspolitik, die in den letzten Jahren gelockert wurde. Dennoch bleiben, oft aus früheren Zeiten, unerwünschte Kinder, deren Schicksal Stephan Schmidt anhand einer handelnden Figur aufgreift. Gerne hätte ich noch mehr über das alltägliche Leben in Shanghai gelesen.

Der literarische Kriminalroman „Die Spiele“ von Stephan Schmidt ist facettenreich im Spiel um Macht und Anerkennung, das nachvollziehbar beschrieben ist. Die Spannung ergibt sich aus der Anzahl potenzieller Täter und ist bis zum Ende hin latent vorhanden. Keine der Protagonist(inn)en wurde mir sympathisch, weil jede und jeder auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist. Wer Krimis mit politischem Hintergrund mag, ist bei diesem Buch als Lektüre richtig.