Überfrachteter Polit-Krimi

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takabayashi Avatar

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Ich habe Sinologie studiert und lange in Taiwan gelebt, weshalb ich mich begeistert auf Bücher stürze, die etwas mit China zu tun haben. Von diesem Autor hatte ich schon den Roman Pflaumenregen gelesen, der mich nicht sonderlich überzeugt hatte. Aber ich dachte mir: anderes Genre, anderer Name, ich versuche es noch einmal! Zumal mich die Thematik sehr interessierte, die Machenschaften der chinesischen Regierung auf dem internationalen Parkett, eine allmähliche Eroberung der ganzen Welt, ohne Kriege, durch wirtschaftliche Hilfsangebote und durch eine große wirtschaftliche Kraft – es wird einfach alles aufgekauft!

Der Krimi-Plot: ein IOC-Funktionär aus Mosambik wird in seinem Hotelzimmer in Shanghai ermordet. Sein Tod ist den Chinesen vollkommen gleichgültig, aber es trifft sich gut, dass der Verdacht, ihn ermordet zu haben, auf einen investigativen Journalisten vom Spiegel fällt und so die Möglichkeit bietet, diesen unliebsamen Störenfried aus dem Verkehr zu ziehen.

Charles Murandi aus Mosambik und der Journalist Thomas Gärtner haben sich vor langer Zeit in Afrika kennengelernt, nach dem Fall der Berliner Mauer, als Murandi gerade aus der DDR zurückgekehrt war und feststellen musste, dass seine Regierung ihn und seine Kollegen in Zusammenarbeit mit dem DDR-Regime um den größten Teil seines Lohnes für die Arbeitsjahre in der DDR betrogen hat. So wird er zum politischen Aktivisten, von dem Gärtner fasziniert ist. Die beiden freunden sich an und halten Kontakt. Gärtner kann sich nicht eingestehen, dass sein Freund nicht der Ehrenmann ist, für den er ihn ursprünglich hielt.

Die beiden sind in Shanghai, anläßlich einer IOC-Konferenz zwecks Vergabe der Olympiade für das Jahr 2032 – einige afrikanische Länder (unterstützt von China) und die Europäer sind im Rennen. Kanzlerin Merkel samt Entourage ist auch angereist. Eine große Rolle spielt auch eine junge deutsche Diplomatin, Lena Hochfellner, die ihre Kindheit zufälligerweise auch in Mosambik verbracht hat, bis ihre Eltern nach dem Zusammenbruch der DDR das Land verlassen mussten.

Das alles ist in diesem Roman miteinander verflochten, lauter interessante Themen, aber weniger wäre womöglich mehr gewesen. Es gibt ständige Zeit- und Ortssprünge, oftmals weiß man bei den in der Ich-Form geschriebenen Kapiteln nicht, welches „Ich“ denn da gerade spricht.
Ich fand die Ideen zu diesem Roman sehr interessant, hatte mich darauf gefreut, wollte ihn mögen, fand die Lektüre dann aber letztlich sehr sperrig und zäh. Eigentlich lese ich meistens recht schnell, besonders wenn es mich gepackt hat, aber hier habe ich mich regelrecht durchgekämpft und ewig gebraucht. Erst ganz am Schluss kam etwas mehr Spannung auf. Also, tolle Themen, tolle Ideen, sehr informativ und eigentlich auch sehr interessant, aber die Umsetzung war leider etwas unbefriedigend. Etwas Beschränkung, Kürzung und Straffung hätte gut getan, und auch, wenn wenigstens einer der Protagonisten ein Sympathieträger gewesen wäre. Den Versuch, nach dem Motto „Sex Sells“, den Unterhaltungswert seines Romans zu steigern, sollte der Autor lieber unterlassen, das wirkte unbeholfen und vor allem unpassend hier.

Wie gesagt, thematisch fand ich das alles hochinteressant, aber ich habe mich nicht durchgängig gut unterhalten gefühlt.