Jagd auf die Weiße Maus

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1940 war Frankreichs Norden von den Deutschen besetzt. Der Süden war frei und es agierten dementsprechend viele Menschen im Widerstand gegen das Nazi-Regime. Fluchthelfer brachten deren Opfer über die Pyrenäen nach Spanien und immer wieder gab es Sabotage in Fabriken und Störungen bei Transporten. Die Australierin Nancy Wake führte derartige Aktionen häufig aus. Die damals 28-jährige wohnte mit ihrem Ehemann Henri in Marseille. Auch er finanzierte immer wieder den Widerstand. Das Paar war darin so erfolgreich, dass die Nationalsozialisten fünf Millionen Franc waren auf den Kopf der Weißen Maus ausgesetzt hatten. Als ein neuer Kommandant der Nazis nach Marseille kommt, wird Henri gefangen genommen und gefoltert. Nancy flieht nach London und wird in einer Spezialeinheit ausgebildet. Zurück in Frankreich kämpft sie nicht nur gegen die Deutschen, sondern vor allem um die Freiheit ihres Ehemannes.

Imogen Kealey ist das Pseudonym des Drehbuchautors Darby Kealey und der Autorin historischer Romane Imogen Robertson. Beide Autoren haben aus der realen Lebensgeschichte um Nancy Wake einen spannenden Roman geschrieben. Sie lassen damit einen genaueren Blick auf die Helden des Widerstands in Frankreich zu. Ungeschönt beschreiben sie deren Motivation, die Entbehrungen und auch die Repressalien, die ihr Umfeld aushalten mussten. Sie zeichnen den Weg einer mutigen Frau nach, die für die Freiheit kämpft, angetrieben durch die Liebe zu ihrem Ehemann. Entschlossen stellt sich Wake gegen die Besatzer und setzt sich mit Sprengstoff an strategischen Stellen zur Wehr. Ihr trainierter Körper wird zur Kampfmaschine, was zum einen atemlose Spannung beschert und zum anderen den Ausgang der Szenen unvorhersehbar macht. Später wird sie in einem Interview eingestehen, dass sie sich selbst in dieser Zeit nicht als nette Person empfunden hat. Obwohl man bei historisch belegten Charakteren den Verlauf ihrer Lebensgeschichte kennt, kann dieser Roman überraschen. Er hat einen hohen Unterhaltungswert. Die Filmrechte sind bereits gesichert und mit Anne Hathaway in der Hauptrolle diskutiert.

Die Beschreibung der Umgebung ist gelungen. Man fühlt sich beim Lesen direkt in die südfranzösische Stadt ein und folgt die Widerstandskämpferin durch die Wälder über die Berge. Grandios beschrieben ist auch die belegte Fahrradtour über 500 Kilometer durch Frankreich kurz vor der Invasion der Alliierten in der Normandie. Gewitzt überging sie die Kontrollposten und trägt damit mit einem Schuss Humor zur Auflockerung beim Lesen bei. Die Gruppe Männer um diese Heldin der Résistance können ebenfalls für sich einnehmen. Fiktiv ist die Figur von Major Böhm, der stellvertretend für die Handlungen der Besatzer steht. Er befiehlt die Folter und lässt Zivilisten erschießen. Das Grauen der damaligen Zeit konzentriert sich in diesem Fall auf seine Anordnungen. Sein Handeln wirkt authentisch und wirkt hoffentlich dem Vergessen entgegen. Die Kriegshandlungen werden aus Sicht Wakes beschrieben, die immer mal einen Nachrichtensender hört oder in Gesprächen über die neuesten Züge informiert wird. Der temporeiche Schreibstil des Autorenduos hält sich dabei nicht mit Nebensächlichkeiten auf.

Der Roman basiert auf wahren Begebenheiten, die auch fiktiv nicht besser unterhalten hätten. Nancy Wake hat in diesen wenigen Jahren viel bewegt, das einige Menschenleben gerettet hat. Das Buch erzählt von einer zarten Frau, die mit bloßen Händen tötet, um andere zu schützen. Die Autoren schildern ihre Zeit bis Kriegsende auf lebendige Weise. Die Geschichte ist eindeutig ein Lesetipp.