Nicht restlos überzeugend

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
raschke64 Avatar

Von

In dem neuen Buch von Paulo Coelho wird die Geschichte von Margarethe Zelle – besser bekannt als Mata Hari – beschrieben. Und zwar mittels eines fiktiven Briefes, den Mata Hari in ihrer Zelle kurz vor ihrer Erschießung schreibt, und mittels eines fiktiven Briefes, den ihr Anwalt danach schreibt. Coelho vermerkt ausdrücklich, dass das Buch keine Biografie ist. Trotzdem hat es große Züge einer Biografie und genau das ist für mich das Problem. Es hat von allem etwas, aber nichts richtig. Für eine Biografie geht es nicht tief, es kratzt ein wenig an der Oberfläche – das wars. Für einen Roman ist es aber zu kurz und auch zu sehr an eine echte Biografie angelehnt.
Wie immer schreibt Coelho fantastisch. Direkt, kurz, mit einfachen Sätzen und vielen klugen Gedanken. Doch dieses Mal reicht das für mich nicht. Zu viel wird im Leben von Mata Hari ausgelassen, Jahre direkt übersprungen. Ihre Tochter wird nur am Anfang erwähnt und am Ende mit einem Halbsatz. Hat Mata Hari sie in ihrem „neuen“ Leben wirklich überhaupt nicht vermisst.
Auf dem Buchrücken ist die Anmerkung, dass Mata Hari wohl eine Art erste Feministin ist. Ehrlich: für mich ist ein/e Feminist/in ein Mensch, der für die Recht von Frauen und Mädchen eintritt. Mata Hari übersprang auf jeden Fall die vorgestecken Grenzen einer Frau ihrer Zeit. Aber Feministin? Auch wenn sie mit 16 Jahren vergewaltigt wurde und danach keine Liebe mehr empfand. Sie trat doch eigentlich in jeder Lebenssituation nur für sich ein – für ein Leben nach ihren Vorstellungen, d. h., Reichtum und Freiheit ohne Rücksicht auf Verluste. Da kamen ihr ihr Mann und später ihre Liebhaber nur Recht. Für mich ist sie mehr eine Art Edelprostituierte. Auch wenn sie völlig zu Unrecht als Spionin verurteilt und hingerichtet wurde (in meinen Augen war sie auch da sehr naiv-dumm), viele Sympathien hat die Frau nicht in mir wecken können. Das ist auch Coelho mit dem Buch nicht gelungen.