Spannendes Portrait einer einzigartigen Frau

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leseprinzessin1991 Avatar

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Meine Erwartungen
In Paulo Coelhos neuem Roman „Die Spionin“ geht es um die bekannte Spionin Mata Hari alias Margarethe Zelle. Der Roman orientiert sich von der Thematik also an einer echten Geschichte, jedoch schreibt Coelho viel aus der Perspektive von Mata Hari selbst in Briefform. Es handelt sich also bei „Die Spionin“ um eine Mischung aus wahren Begebenheiten und Fiktion. Ich hatte bereits nur den Alchimisten gelesen und war neugierig darauf, wie Coelho dieses hochpolitische Thema verarbeiten würde. Doch zu meiner Überraschung standen weniger die politischen Gegebenheiten im Vordergrund als das Gefühlsleben dieser Frau. Wer sich also für eine politische, sachliche Darstellung interessiert, dürfte von diesem Buch enttäuscht werden. Jedoch gibt Coelho dem Geschehen durch seinen Schreibstil und die Mystik, die er gerne einfließen lässt, eine ganz eigene Note- die mir sehr gut gefallen hat.
Meine Eindrücke beim Lesen: Die Erzählformen wechseln häufig hin und her, so kann man beispielsweise an einigen Stellen Strukturen erkennen, die an Gleichnisse aus der Bibel erinnern, andere sind in der Brief- oder einer Art Tagebuchform geschrieben. Der Wechsel bringt zudem viel Abwechslung in die Handlung. Der Leser wird an dem Tag Mata Haris Hinrichtung ins Geschehen geworfen und erlebt dann eine Art Rückblende auf das Leben dieser eindrucksvollen Frau. Gerade die erste Szene hat mich sehr neugierig gemacht, da sie spannend geschrieben ist und man mehr über die Person und die Lebensumstände erfahren möchte. Und so berichtet Mata Hari als Ich-Erzählerin von ihrer Kindheit in den Niederlanden und ihrem Leben als Offiziersgattin in Indien. Sie beschreibt, wie stark die indische Kultur sie fasziniert hat und zugleich leidet der Leser mit ihr, wenn er erfährt, welche Leiden sie, u.a. durch ihren Ehemann, ertragen musste. Mich hat gerade die anschauliche Darstellung von emotionalen Erlebnissen beeindruckt und ergriffen. Ich fand es interessant zu lesen, wie sich die Persönlichkeit der Protagonistin entwickelt. Coelho hat die Eigenschaft Gefühle durch schöne Bilder transparent zu machen und so darzustellen, dass der Leser sich plötzlich selbst philosophische Fragen stellt, die sein eigenes Leben betreffen. Dennoch ist der Stil meistens recht klar und man hat nicht das Gefühl, dass viel „herumgeschwafelt“ wird. Man kann also zusammenfassen, dass das Thema des Romans zwar die Figur selbst ist, aber anhand ihrer Lebensgeschichte werden zugleich Philosophische Themen aufgegriffen, die dem Werk eine übergeordnete Handlung geben.
Alles in allem zeichnet der Autor das Portrait einer eindrucksvollen intelligenten Frau, die sich kämpferisch durchs Leben schlägt, jedoch auch verletzliche Seiten zeigt. Zugleich werden am Rande die fragwürdigen und unmoralischen Machenschaften hoher politischer Autoritäten in Zeiten des ersten Weltkrieges beleuchtet. Ein Buch, das ich jedem empfehlen kann, der Politik aber auch große Gefühle mag.