Alternative Fakten

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wilde hummel 1 Avatar

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Das Buchcover ist bereits bedeutungsschwanger. Da sind zwei dunkle Mädchenbeine zögernd am Rand eines Pools. Die Geschichte beginnt mit einem gemeinsamen Urlaub zweier Familien aus dem Wiener Bildungsbürgertum in einer Villa in der Toskana. Die 14-jährige Tochter Sophie Luise setzt die Mitnahme der Mitschülerin Aayana durch. Aayana ist ein Flüchtlingskind aus Somalia mit gesichertem Asylstatus. Und dann nimmt das Unglück seinen Lauf. Daniel Glattauer beschreibt mit Humor und Satire die Beteiligten und die Situationen. Aber schnell gefriert einem das Schmunzeln, weil die "schwarze Säule", die Mutter von Aayana in ihrer Burka ein Mensch ist. Mit Sprachwitz werden gesellschaftliche Positionen und Wertesysteme vorgeführt und entlarvt. Da werden die kleinen Lügen der engagierten Grünenpolitikerin karrieregefährdend gewichtig, weil ein Anwalt zum Mandanten der somalischen Familie wird und eine hohe Geldforderung für erlittenen Schockschaden einfordert. Fein säuberlich wird hier ein Gesellschaftsbild seziert und zerlegt, bis die individuellen Wahrheiten demaskiert sind. Im Roman wechseln Tragik und Komik und durch die immer wieder eingeschobenen Posts aus den Sozialen Foren und den Pressemeldungen erhält der Roman eine vielschichtige Aktualität und Kommentierung. Der Roman enthält zwar auch viele Klischees, aber aus der Überzeichnung entsteht auch das Hinterfragen. Die Geschichte zwischen dem Sohn der somalischen Familie und der Tochter Sophie Luise ist m.E. nicht zwingend und ein wenig zu viel hineingepackt. Ansonsten ein unbedingt lesenswertes Buch.