Wennn Individualität unerwünscht ist - schwer zugängliche Fantasy - 3 1/2 Sterne
Claire und Goliath leben in einem totalitären System, in dem die Instinkte/Talente eines Individuums allein den Anforderungen der Gemeinschaft zu dienen haben und jede Person verpflichtet ist, dieses Talent bis zur Selbstzerstörung zu geben. Claire arbeitet zurzeit als Praktikantin in der Beschwerdestelle. Man berät und hilft nicht freiwillig, sondern zwangsweise. Antrieb für die Übererfüllung des Solls könnte der Wettbewerb um „gerettete Leben“ sein, in dem Punkte für Ehrentitel (Engel, Heilige, Tugendhafte) verbucht werden, die außerdem die Lage der Wohnung im Hochhaus bestimmen. „Instinkte“ der Reparateure, Schützer, Aufklärer, Heiler, Informanten und Ernährer werden in einzelnen Ausbildungsgängen gefördert. Sie setzen sie anschließend äußerst ehrgeizig ein, auch gegen den ausdrücklichen Willen der beglückten Person. Ein Spektrum innerhalb der Fähigkeiten existiert so wenig wie die Freiheit, sie nicht auszuführen und sich um eine andere Aufgabe zu bemühen. Claires Mutter wiederum hat eine Haushaltshilfe mit einem Langstreckeninstinkt, die vor der Hausarbeit immer erst laufen muss.
Man könnte sich fragen, wer über die gesundheitsbewusste Gesellschaft herrscht und wer von der Ausbeutung von Fähigkeiten über den Bedarf hinaus profitiert. In dieser Gesellschaft des erzwungenen „Wir“ verschwindet zunächst kurz vor dem Schulabschluss ein Schüler. Später wird sich herausstellen, dass weitere Jugendliche verschwunden sind, wie vor einigen Jahren schon einmal. Erzählt wird das Abenteuer von Claire und Goliath. Die Handlung spielt im Cassettenzeitalter, das am Schauplatz Frankreich durch die Minitel-Technik geprägt war, einem Online-Dienst, der über eine Art Bildtelefon z. B. aus Kneipen zu erreichen war. Christelle Dabos schmückt ihre alternative Welt mit originellen Ideen. Hier wird u. a. die Beherrschung von Instinkten gefeiert und daher traditionell an Wörtern gespart. Man nutzt jedoch freizügig das Schlupfloch, das Gegenüber um Erlaubnis zu bitten, die Wörtergrenze zu überschreiten.
Fazit
Die Weltenbildung in "Die Spur der Vertrauten" finde ich sehr ansprechend, allerdings beantwortet der Roman längst nicht alle Fragen, die ich dazu hätte. Im Gegensatz zu Dabos vierbändiger Spiegelreisenden, mit der ich mich problemlos identifizieren konnte, sind mir die 18-jährigen Figuren hier fremd geblieben, weil ihre Welt ihnen keine Individualität erlaubt. Sie wirken wie Stempelabdrücke. Ein Personenverzeichnis könnte die Orientierung erleichtern.
Zu einer Zeit, in der wir in Deutschland täglich ermahnt werden, wir müssten pro Tag und pro Lebenszeit länger arbeiten und zusätzlich soziale Aufgaben und Ehrenämter übernehmen, trifft Christelle Dabos mit ihrer Dystopie eines erzwungenen „Wir“ mitten ins Schwarze. Für eine Zielgruppe ab 14 Jahren sind Alter und Lebensumstände von Claires Generation gut gewählt, allerdings hätte ich auf den zum Ende des Romans steigenden Gewaltanteil gern verzichtet.
Man könnte sich fragen, wer über die gesundheitsbewusste Gesellschaft herrscht und wer von der Ausbeutung von Fähigkeiten über den Bedarf hinaus profitiert. In dieser Gesellschaft des erzwungenen „Wir“ verschwindet zunächst kurz vor dem Schulabschluss ein Schüler. Später wird sich herausstellen, dass weitere Jugendliche verschwunden sind, wie vor einigen Jahren schon einmal. Erzählt wird das Abenteuer von Claire und Goliath. Die Handlung spielt im Cassettenzeitalter, das am Schauplatz Frankreich durch die Minitel-Technik geprägt war, einem Online-Dienst, der über eine Art Bildtelefon z. B. aus Kneipen zu erreichen war. Christelle Dabos schmückt ihre alternative Welt mit originellen Ideen. Hier wird u. a. die Beherrschung von Instinkten gefeiert und daher traditionell an Wörtern gespart. Man nutzt jedoch freizügig das Schlupfloch, das Gegenüber um Erlaubnis zu bitten, die Wörtergrenze zu überschreiten.
Fazit
Die Weltenbildung in "Die Spur der Vertrauten" finde ich sehr ansprechend, allerdings beantwortet der Roman längst nicht alle Fragen, die ich dazu hätte. Im Gegensatz zu Dabos vierbändiger Spiegelreisenden, mit der ich mich problemlos identifizieren konnte, sind mir die 18-jährigen Figuren hier fremd geblieben, weil ihre Welt ihnen keine Individualität erlaubt. Sie wirken wie Stempelabdrücke. Ein Personenverzeichnis könnte die Orientierung erleichtern.
Zu einer Zeit, in der wir in Deutschland täglich ermahnt werden, wir müssten pro Tag und pro Lebenszeit länger arbeiten und zusätzlich soziale Aufgaben und Ehrenämter übernehmen, trifft Christelle Dabos mit ihrer Dystopie eines erzwungenen „Wir“ mitten ins Schwarze. Für eine Zielgruppe ab 14 Jahren sind Alter und Lebensumstände von Claires Generation gut gewählt, allerdings hätte ich auf den zum Ende des Romans steigenden Gewaltanteil gern verzichtet.