Die Geschichte einer Freundschaft

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la calavera catrina Avatar

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„Wir alle tragen die Karte unseres Lebens auf unserer Haut, in der Art, wie wir gehen, sogar in der Art, wie wir wachsen.“

Poetisch, magisch und fantasievoll erzählt Kiran Millwood Hargrave von der einzigartigen Freundschaft zwischen Isabella und Lupe und dem dunklen Geheimnis der Insel Joya. Die Geschichte beginnt damit, dass Lupe ihren Geburtstag feiert und Isabella hat sich für ihre Freundin ein besonderes Geschenk ausgedacht. Doch der Tag wird von einem schrecklichen Ereignis geprägt, woraufhin Lupe schließlich fortläuft. Doch Isabella kennt das Ziel ihrer besten Freundin und geht ein hohes Risiko ein, um sie zu finden.

Die 13-jährigen Freundinnen sind völlig unterschiedlich aufgewachsen. Während es Lupe, als Tochter des Couverneurs Adori, an nichts gefehlt hat, ist Isabella im Dorf Gromera aufgewachsen, hat früh Verluste verkraften müssen und ist die Tochter des Kartographen, der sich gegen den Gouverneur und seine Selbstherrschaft ausspricht. Dieser ist nicht nur für die Unterdrückung der Dorfleute verantwortlich, sondern auch dafür, dass Isabellas Vater nicht mehr reisen und neue Länder entdecken kann. Seit der Herrschaft des Gouverneurs sind die Häfen geschlossen und der Wald dient, mit seinem dichtem Dornengebüsch, als Grenze zwischen dem Dorf Gromera und dem Rest der Insel. Niemand traut sich in die Vergessenen Gebiete hinter der Grenze. Isabella träumt davon, die Waldgrenze zu überwinden und das Unbekannte zu erforschen, um die Arbeit ihres Vater fortzuführen. Eine sagenumwobene Geschichte, die ihr Pa ihr oft erzählt hat, handelt von einem Kriegermädchen namens Arinta, die einen Damön bezwang, um die Insel Joya zu retten. Isabella lässt die Geschichte nicht los. Ist sie wirklich nur ein Mythos?

Im Fokus steht das magische Geheimnis und Schicksal Insel Joya und die besondere Freundschaft zwischen Isabella und Lupe. Beim Lesen ist man genauso ahnungslos wie die Ich-Erzählerin Isabella und weiß nicht, welche Richtung die Geschichte einschlagen wird. Es gibt spannende, dramatische und düstere Szenen, Momente der Trauer und zarte Gefühle des Glücks. Das unheimliche Setting in den Vergessenen Gebieten ist sehr atmosphärisch, und man kann die Anspannung der Charaktere und die bestehende Bedrohung förmlich spüren. Ungerechtigkeit, Entbehrungen und Leid bilden neben weiteren Themen, einen harten Kontrast zu der poetischen Erzählweise und den fantasievollen Sprachbildern. Kiran Millwood Hargrave schreibt auf besondere Weise emotional, ohne rührselig zu werden und hat erneut eine Geschichte geschaffen, die auch für Erwachsene ein Leseerlebnis bietet. Isabella ist die titelgebende Sternenleserin, die das Handwerk der Kartographie von ihrem Vater erlernt hat und mit Hilfe von Tinte, Papier und geleitet vom Polarstern, den Weg durch das Abenteuer navigiert. Eine facettenreiche Hauptfigur, die sich voll innerer Widersprüche zwischen Überwindung, sehnsüchtiger Neugier und Entschlossenheit ins Leserherz schleicht. Die Geschichte ist handlungsreich, lässt sich aber trotzdem Zeit für berührende und stille Momente.

Die düstere Stimmung und die dramatischen Szenen ließen mich manchmal daran zweifeln, ob es wirklich für Kinder ab 10 Jahren geeignet ist. Aber es ist genau das richtige Buch, wenn man etwas Außergewöhnliches sucht, das aufrüttelt, und gleichermaßen hoffnungsvoll mitreißt. Das dramatische Finale war berührend und das Ende des Buches ist sehr hoffnungsgebend und schön.

Es ist kein Wohlfühlroman, sondern eine abenteuerliche und gefährliche Reise, märchenhaft erzählt. Ein Plädoyer für Freundschaft und Zuversicht in schweren Zeiten.