Die Stille nach dem Schrei

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papphütchen Avatar

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 Mit Isolde Sammers Erstling widmet sich die Autorin einem heiklen Thema, der Pädophilie. Martin wird wegen Mordes an seinem 14-jährigen Stiefbruder Jonas gerichtlich angeklagt. Eine Tat im Affekt, wie der Jugendliche dem Richter glaubhaft zu machen versucht, da er den jüngeren Bruder dabei ertappte, wie dieser einen anderen Schutzbefohlenen ermordete. Martin wird freigesprochen und aus der Untersuchungshaft entlassen. Einzig seine Stiefmutter und Hauptkommissar Schneider zweifeln an Martins Aussagen...

Die Geschichte wird zum einen aus der Ich-Perspektive Martins erzählt. Manche Passagen erfolgen aus der Sicht Irenes, Mutter und Stiefmutter von Jonas und Martin. Den weitaus größten Teil des Buches machen die Schilderungen Tinas aus, die sich Hals über Kopf in Martin verliebt, blind davor, wohin sie diese fast fanatische Abhängigkeit bringen wird. Die Leseprobe hat mir durchaus zugesagt. Schon die ersten Sätze des Buches erzeugen Spannung, die zum interessierten Lesen animiert. Die handelnden Figuren wirken durch die ausführlichen Schilderungen bezüglich Emotionen und Gedanken durchaus lebendig und authentisch. Leider wird der Spannungsaufbau durch eben diese (oft sehr ausführlichen) Schilderungen oft gestört und die Story wirkt etwas zäh und langatmig.

Eine Besonderheit in der Erzählweise stellt Tinas Berichterstattung dar, sie schreibt ihre Sicht der Dinge in einem Bericht an Kommissar Schneider nieder. Gerade in den Teilen, in denen Tina das Wort hat, wird Spannung erzeugt, da sie scheinbar aus der Gegenwart in die Vergangenheit zurückblickend erzählt. Hin und wieder streut sie Andeutungen der gegenwärtigen Situation ein, die den Leser fesseln. Leider hemmen die aus Irenes Sicht verfassten Passagen diesen Spannungsfluss zu oft, dass sich ein absoluter Nervenkitzel nicht einstellt.

Der Schreibstil Isolde Sammers ist flüssig, gut verständlich, die Sätze eher kurz gehalten. Die Dialoge einfach, kaum originell. Alles in allem keine herausragende Schreibe, jedoch solide und für ein entspanntes Wochenende gerade richtig.

Das Thema Pädophilie mag nicht für jeden geeignet sein, daher kann ich keine Leseempfehlung aussprechen. Dennoch schafft es die Autorin, sich diesem Thema in einer sachlichen Art und Weise anzunehmen, ohne dabei zu arg den Zeigefinger zu heben. Der Titel schwirrte mir nach dem Beenden des Buches noch den ganzen Tag im Kopf herum, die Geschichte wird hängen bleiben. Ob dies auch für Frau Sammer gilt, wird sich erst mit ihrem nächsten Titel zeigen. Letztendlich hat die Autorin sicher nicht den spannendsten Psychothriller auf den Markt gebracht, ein solider Erstling, dessen Inhalt noch eine Weile nachhallen wird, ist dennoch alle Mal gelungen.