Ein Leben mit einem pädophilen Killer

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horrorbiene Avatar

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Martin wurde kurz vor seinem Abitur festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft. Hat er seinen Bruder erwischt, als er einen anderen Jungen vergewaltigte und ihn dann im Affekt erschlagen, oder hat er selbst sich an dem Jungen vergangen und wurde dabei von seinem Bruder erwischt? So startet das Buch. Es wird jedoch sehr schnell deutlich, wie Martin tickt: Er ist pädophil, gewalttätig und ein Mörder. Doch er wird freigelassen. Wie er die nächste Zeit nach der Freilassung verbringt, das schildert das Buch.

Dabei werden mehrere Perspektiven eingesetzt: Seine Stiefmutter Irene, die stets an die Schuld von Martin glaubt; Tina, die Martin von früher kennt, sich erneut in ihn verliebte und seine Nähe sucht und zuletzt Martin selbst. Dieser Wechsel der Perspektiven ermöglicht eine interessante Sicht auf die Handlung vor allem auch auf die Gegenpartei (Tina/Martin gegen Irene). Tinas Perspektive ist als Bericht gestaltet, so dass sie von einem späteren Zeitpunkt aus ihre eigenen Handlungen beschreibt, diese versucht zu erklären und auch wertet. Dies finde ich besonders gelungen, da man so einen Eindruck ihrer Psyche bekommt.

Interessant fand ich auch, dass später im Buch Irene medizinische Fachliteratur zu Sexualstraftätern liest und so der Leser auch einen Einblick auf die fachliche Seite bekommt. Z.B. Wurde eine Studie erwähnt, die besagt, dass eine zwar geringe Prozentzahl an Männern bei einer anonymen Umfrage zugibt, pädophile Orientierung zu haben und eine noch geringere Prozentzahl auch zugibt diesem Drang nachzugeben. Wenn man jedoch die reguläre Zahl derer sieht, die dem Drang nachgeben und da ja auch nicht alle Männer gefragt wurden, ist dies schon eine ziemlich beängstigende Menge.

Der sehr einfache Schreibstil ermöglicht das Buch selbst in einem Rutsch durchzulesen. Aufgrund der Perspektivwechsel möchte man immer weiter lesen, um zu wissen, wie es weitergeht. Doch auch wenn das Thema an sich sehr schockierend ist, so wirklich "gethrillt" habe ich mich nicht gefühlt, was vielleicht daran liegt, das die heiklen Passagen von Tina berichtet wurden und man sich nicht mit ihr erlebt hat. Das macht jedoch gar nichts, da der Einblick in diese fremde Welt und der Psyche wirklich sehr interessant war. Ich finde dieses Buch gelungen und kann es guten Gewissens weiterempfehlen.