Heftig

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simone1711 Avatar

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Ich bin im Prinzip ein Gegner von Büchern, die sich mit dem Missbrauch oder der Ermordung von Kindern befassen, um zu unterhalten. Doch dies ist kein solches Buch. Ich sehe darin mehr als einen bloßen Thriller, einen Krimi mit grausigem Thema. Es ist ein tiefer psychologischer Einblick, der einem vermittelt, wie so etwas geschehen kann.

Irene ist schockiert und am Ende, als ihr Stiefsohn Martin ihren leiblichen Sohn tötet - angeblich war er gerade dabei, einen Jungen zu missbrauchen und grausam zu töten. Man erfährt schnell, dass hier Martin das Böse verkörpert, dass er lügt, pädophile Neigungen hat und auch Irene findet schnell heraus, dass Jonas sterben musste, weil er Martin erwischte und nicht umgekehrt. Ihr verstorbener Mann soll sich an Martin vergangen haben, und hier ist es natürlich deutlich schwerer zu beweisen, dass das nicht stimmt. Die Wahrheit kommt auch durch Martins "Alibi"-Freundin ans Licht, die Schülerin Tina, die einen kleinen Bruder hat und sich irgendwann so tief in ihre Abhängigkeit zu Martin verstrickt, dass sie kaum noch imstande ist, ihn zu beschützen.

Mir haben besonders gut die verschiedenen Erzählstränge gefallen, die glaubhaft erzählt waren. Man konnte das Verhalten jeder Person (außer Martin natürlich) bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Dass Tina erst aufwacht als ihr kleiner Bruder in unmittelbarer Gefahr schwebt, ist schockierend, dass sie zusieht wie Kinder missbraucht und getötet werden unverständlich, doch wie schnell tut man alles für den einzigen Menschen, der einem Beachtung schenkt?

Irenes Verzweiflung war in jeder Zeile zu spüren, und man wünscht niemandem so etwas durchleben zu müssen. Vor allem hat das Buch aufgezeigt, dass es öfter vorkommt, als wir alle denken. Es trifft täglich Kinder, und oft diejenigen, nach denen keiner fragt.

Durch die detailliert beschriebenen Grausamkeiten und Martins ekelerregende Neigungen ist das ein schwer verdauliches Buch, deshalb bin ich nicht sicher, ob ich von Isolde Sammer noch einmal etwas lesen würde. Doch trotzdem ist es sehr gut geschrieben und geht besonders tief.