Wenn Liebe blind macht

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kimvi Avatar

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Irenes Leben ändert sich schlagartig, als ihr leiblicher Sohn Jonas getötet wird. Das allein ist eigentlich schon schlimm genug, doch Irenes Albtraum nimmt kein Ende. Denn für die Tat verantwortlich ist ihr neunzehnjähriger Stiefsohn Martin. Er behauptet, Jonas im Affekt getötet zu haben, als er beobachtete, dass Jonas einen kleinen Jungen auf bestialische Art ermordete. Vor Gericht sagt er außerdem aus, jahrelang vom eigenen Vater missbraucht worden zu sein. Da Irenes Mann nicht mehr lebt, kann er nichts zu seiner Verteidigung sagen. Das Gericht spricht Martin frei, doch Irene kann sich nicht mit dem Urteil abfinden. Sollte sich dieses Familiendrama tatsächlich vor ihren Augen abgespielt haben, ohne dass sie davon auch nur den Hauch einer Ahnung gehabt hätte? Irene zweifelt stark an Martins Aussage und beschließt, die Wahrheit herauszufinden. Als Martin Tina kennenlernt, beschleicht Irene ein ungutes Gefühl. Denn sie hat die Vermutung, dass er einen teuflischen Plan verfolgt.... **Meine Meinung Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Den größten Teil der Handlung nimmt dabei die Perspektive ein, in der Tina, die Freundin von Martin, ihre Sicht der Dinge schildert. Da das in einem Geständnisbrief an Kommissar Schneider geschieht, wird dort die Ich-Form aus ihrer Sicht verwendet. Beim Lesen dieser Passagen taucht man sofort in die Handlung ein und folgt gespannt Tinas Schilderungen. Da sie kein Blatt vor den Mund nimmt und schon eingangs ganz unverblümt von ihrem verpfuschten Leben berichtet, bekommt man sofort ein ungutes Gefühl. Doch auch Irenes Sicht auf das Geschehen wird ausführlich beschrieben. Hier bekommt man wichtige Hintergrundinformationen zu Martins Kindheit und den recht schwierigen Familienverhältnissen. Da man in einer weiteren Perspektive Martin über die Schulter schaut, bekommt man einen recht umfassenden Gesamtüberblick. Die Protagonisten werden sehr authentisch beschrieben. Sie wirken dadurch menschlich und lebendig. Obwohl man zuweilen den Eindruck hat, dass es tatsächlich Menschen gibt, die ohne Gewissen durchs Leben gehen. Beim Lesen dieser Passagen verdüstert sich die Atmosphäre des Buchs schlagartig, sodass man ein ziemlich mulmiges Gefühl bekommt. Die Autorin hat ein schwieriges und brisantes Thema ins Zentrum der Handlung gerückt. Denn schnell wird klar, dass der Hauptprotagonist Martin, der es fabelhaft versteht, sich in bestem Licht darzustellen, zu gewaltsamem Kindesmissbrauch neigt. Gespannt verfolgt man, wie lange es noch dauern wird, bis man ihm auf die Schliche kommt und wann Tina endlich merken wird, was sich direkt vor ihren Augen abspielt. Durch die wechselnden Perspektiven bleibt die Handlung durchgehend interessant. Echte Hochspannung und Nervenkitzel stellen sich allerdings nicht ein, da die Perspektiven in denen man Irene beobachtet, den Spannungsaufbau etwas ausbremsen. Obwohl Irene eine Protagonistin ist, die sehr sympathisch wirkt und das Herz auf dem rechten Fleck zu tragen scheint, kann ihre Sicht nicht fesseln, sodass man sogar dazu neigt, die entsprechenden Passagen zu überfliegen. Insgesamt gesehen habe ich mich beim Lesen dieses Psychothrillers recht gut unterhalten. Nicht weniger - doch leider auch nicht mehr. Deshalb vergebe ich auch "nur" drei von fünf Bewertungssternen.**