Die Stimme der Kraken

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penigram Avatar

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Ich glaube, auf kaum ein Buch habe ich mich in den vergangenen Wochen mehr gefreut. Das Thema, die angekündigten Spannungselemente, verbunden mit Gesellschaftskritik, Natur und Zukunftstechnologie - das ist genau meins! Außerdem ist das Cover wirklich toll, finde ich, ein richtiger Blickfang, der direkt neugierig macht.

Nun … ich wurde nicht enttäuscht. Aber so begeistert wie erhofft bin ich auch nicht. Zuerst muss ich sagen, dass die entworfene Welt dem Autor wirklich gut gelungen ist. Ich habe die Atmosphäre gespürt, fand die gut dosiert eingestreuten Science-Fiktion Elemente und die fortgeschrittene Technologie, um die sich das Buch ja in großen Teilen dreht, super beschrieben. Ich konnte mir alles vorstellen und fand es unheimlich interessant, wie der Autor kreativ und doch faktenbasiert mit all diesen Elementen umgegangen ist und wissenschaftlichen Perspektiven in seinem Roman Raum gegeben hat. Dafür schon einmal ein großes Lob!

Der Einstieg ist dann auch sehr interessant, die Stimmung geheimnisvoll. Mein Interesse an den Kraken war sofort geweckt. Ein wenig hat mir der Thriller-Aspekt dann im weiteren Verlauf der Handlung aber doch gefehlt. Ja, das Buch hat auch durchaus Spannungselemente und eine fein gestrickte Atmosphäre (ich finde auch das asiatische Setting sehr gut umgesetzt, muss ich sagen), aber es ist vor allem eine philosophische Auseinandersetzung mit dem Leben an sich, mit der Frage, wo das Bewusstsein beginnt, mit der Erforschung von Kommunikation und macht auf gesellschaftlich hochrelevante Themen wie die Potenziale und Gefahren von KI aufmerksam. Insbesondere die philosophischen und gesellschaftskritischen Fragen, die Einblicke in die Forschung zum Thema Bewusstsein und die damit verwobenen dystopischen Elemente haben mir enorm gut gefallen. Und als solches sollte man das Buch denke ich auch sehen und lesen. Etwas schade finde ich in diesem Zusammenhang vor allem, dass das Buch in erster Linie als Öko-Thriller angepriesen wird, und ich weiß nicht so recht, ob es das wirklich trifft. Mich hat das Buch manchmal sogar ein wenig an Filme wie „Arrival“ (den ich sehr toll finde) erinnert.

Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen. Der philosophische/gesellschaftskritische Aspekt des Werkes hat immer wieder mein Interesse geweckt und ich mochte die vom Autor gestrickte Atmosphäre sowie den klaren, leicht zu lesenden Schreibstil sehr. Der Autor versteht es, auch schwierige Themen klar umzusetzen und dem Leser zugänglich zu machen, was ich für eine ganz tolle Fähigkeit halte. Auch die Auseinandersetzung mit dem Thema KI hat mir gut gefallen, ich hatte das Gefühl, hier einen sehr nuancierten und intelligenten Blick auf das Thema zu erhalten. Der Thriller-Aspekt stand für mich beim Lesen nicht im Vordergrund, es ist für mich eher ein ruhigerer und stellenweise sehr nachdenklicher Roman. Manchmal kommt auch Spannung auf, aber für mich stand sie rückblickend nicht im Vordergrund. Mir gefällt das eigentlich, aber ich habe es ein bisschen anders erwartet. Ich finde das Marketing einfach ein klein wenig irreführend, weshalb ich fürchte, dass möglicherweise ein Teil des Lesepublikums mit falschen Erwartungen an das Buch herangehen könnte. Was schade ist, denn als das, was es ist, ist das Buch wirklich lesenswert. Der einzige kleine Kritikpunkt, den ich habe, ist, dass ich mit den Hauptfiguren nicht wirklich warmgeworden bin. Hier hätte ich mir gewünscht, noch mehr mitfühlen und mitfiebern zu können und noch mehr Einblicke in die Motivationen und inneren Welten der Haupfiguren zu erhalten.

Ich vergebe 4 Sterne und eine Leseempfehlung für alle, die nach einem klugen, nachdenklich machenden Roman suchen, der geschickt wissenschaftliche und gesellschaftsrelevante Themen aufgreift und gut dosiert Spannungselemente einflicht. Für eingefleischte Thriller-Leser, die nach einer sehr rasanten Handlung suchen, ist das Buch aber vermutlich eher nicht gemacht, zumindest meiner Meinung nach.