Vieles, über das man sich Gedanken machen könnte (und sollte)

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fellfluse Avatar

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In einer Welt, die mit Unterstützung von KI auf Gewinnmaximierung getrimmt ist und in der Konzerne und Regierungen gleichermaßen als wirtschaftliche und moralische Akteure auftreten, wird entdeckt, dass die Seeungeheuer, von denen Einheimische einer kleinen Insel seit Generationen reden, real sind. Damit ergibt sich nicht nur wissenschaftliches Interesse, sondern vor allem auch monetäres und die Insel wird kurzerhand von einem Großkonzern gekauft und entvölkert. Einzig ein Android, eine Kriegerin und eine Wissenschaftlerin befinden sich jetzt dort. Zumindest denken sie das, denn sie werden beobachtet von Wesen, die ihnen an Intelligenz in nichts nachstehen.

Normalerweise lasse ich mich wenig über Covergestaltung und insbesondere Farbschnitte aus, weil ich finde, es geht ums Buch, um die Geschichte, den Inhalt. Und das Äußere kann ganz toll aussehen, aber eine schlechte Geschichte nicht verschleiern und kann daher immer nur eine optionale Zugabe, ein nice-to-have sein.
Tja in dem Fall ist es für mich ein nicer-not-to-have, denn ich finde die Farbe des Schnitts absolut unpassend zum Cover. Ich hätte lieber weiße Seiten gehabt. Auch, dass der Strichcode noch auf der Frontseite abgedruckt ist, bricht irgendwie mit dem Bild. Schade, das hätte man schöner gestalten können und auch wenn das Buch sich haptisch wirklich positiv hervortut und absolut hochwertig wirkt, der Sprung auf den „Hauptsache Farbschnitt“-Zug und die Umsetzung mit dieser Farbe machen das Ergebnis für mich kaputt.
Letztendlich ist es aber der Inhalt, der zählt (sowieso), weswegen das nur eine Notiz am Rande ist.

Inhaltlich ist das Buch anspruchsvoll. Es fordert heraus zu mit- und selbstdenken und sprachlich ist es auf einem hohen Niveau. Ich habe mich immer für einen intelligenten Menschen gehalten, aber dennoch musste ich einzelne Wörter googeln um die Bedeutung der Sätze verstehen zu können. Fand ich etwas beschämend, aber es passt einfach. Denn wenn Wissenschaftler sich in ihrem Thema bewegen, benutzen sie Fachwörter ganz unwillkürlich im Gespräch. Das geht mir mit meinem Fachgebiet genauso, nur bin ich eben keine (Meeres-)Biologin und mein Wissensstand war an einigen Stellen nicht ausreichend. Ganz allgemein ist das Buch sprachlich und inhaltlich anspruchsvoll. Wenn man nicht nur die Wörter, sondern den Sinn dahinter verstehen will, muss man es aufmerksam lesen. Gerade bezüglich der KI-Strukturen war das für mich herausfordernd und ich bin ungewöhnlich langsam voran gekommen.

Auch werden Themen angesprochen, die zu einer Auseinandersetzung mit sich anregen. Wie viel wollen wir KI überlassen? Wo ist die Grenze für Produktivität und Gewinnerzielungsabsicht? Wie viel Macht sollten Akteure haben? Wann ist man menschlich genug? Wie kann eine solche Ausbeutung verhindert werden? Aber auch einfach „Was zur Hölle tun wir da gerade?“

Je mehr sich aber die einzelnen Handlungsfäden miteinander verwoben haben, desto schneller war auch mein Lesetempo, gerade so, als würde der Strudel der Geschehnisse auch mich als Leserin mitreißen.
Das Setting und die Grundidee finde ich wirklich spannend und gut. Eine Idee, die gar nicht so abwegig ist und die doch Unbekanntes betrachtet – gelungen! Einen Öko-Thriller sehe ich dennoch eher nicht, aber ich verstehe, dass dieses Label wahrscheinlich höhere Verkaufszahlen generiert, als ein „einfacher Thriller“ oder „Wissenschafts-Thriller“.

Das Ende des Buches lässt mich etwas ratlos zurück. Auf den letzten 80 Seiten haben sich die Geschehnisse überschlagen und es fühlte sich etwas hektisch an. Gleichzeitig sind am Ende noch ein paar lose Fadenenden übrig geblieben, die ich gern verknüpft gesehen hätte.
Insgesamt aber eine – wenn auch anspruchsvolle – doch sehr angenehme Lektüre und ein tolles, spannendes Buch.