Vision oder Zukunft?

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poisonalice Avatar

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Das Buch ist mir aufgrund seines grandiosen Covers und des dunkellila Farbschnitts sofort aufgefallen. Eigentlich bin ich gar nicht so begeistert von farbigen Buchschnitten, aber die Augen des Kraken auf dem Buchdeckel haben mit förmlich verfolgt. Als ich die Kurzzusammenfassung gelesen hatte, war ich etwas skeptisch, dieses Genre ist nichts was mich normalerweise anspricht. Aber da waren ja noch die Augen des Kraken.
Zur Handlung nur kurz: Das Technologieunternehmen DIANIMA hat den Archipel Con Dao abgeriegelt und alle Menschen umgesiedelt. Es wurde eine neue Krakenart entdeckt, welche es zu erforschen gilt. Eigens dafür wird Dr. Ha Nguyen nach Con Dao geschickt. Sie ist Meeresbiologin und ausgewiesene Expertin auf dem Forschungsgebiet der Oktopoden. Mit ihr zusammen sind der erste Android der Welt und eine Sicherheitsbeamtin vor Ort. Es dauert nicht lange bis andere Mächte auf den Plan treten. Geht es wirklich nur um die Ressourcen des Archipels oder stecken doch viel globalere Interessen hinter den Angriffen.
Der Autor Ray Nayler hat einen sehr flüssigen und unglaublich bildhaften Erzählstil. Der Roman ist als Ökothriller angekündigt, dass sehe ich nicht unbedingt so. Der Roman ist spannend, atmosphärisch dicht und sehr gut recherchiert. Der Autor verwebt gekonnt Realität mit Fiktion und arbeitet sehr schön mit Methapern. Die vier großen Teile des Buches sind in einzelne fortlaufende Kapitel gegliedert. Jedem Kapitel steht ein Zitat bzw. Gedankengang der beiden Wissenschaftlerinnen des Buches Dr. Ha Nguyen und Dr. Arnkatla Mínervudóttir-Chan vor. Das hat mich am Anfang des Lesens etwas irritiert, aber nach nochmaligem Lesen habe ich verstanden wie wichtig diese Gedankengänge sind. Die Handlung des Romans spielt nicht nur auf dem Archipel Con Dao, sondern verfolgt auch noch zwei weitere Handlungsstränge, diese möchte ich aber nicht verraten. Die Hauptfiguren des Archipels haben mich nicht durch Sympathie, sondern vielmehr durch ihre Authentizität überzeugt. Interessanterweise ist Evrim meine absolute Lieblingsfigur des Buches. Sehr gut gefallen hat mit auch, dass die Figuren Ha, Evrim und Altantsetseg mit der Zeit immer mehr ihrer Persönlichkeit preisgeben. Die Figuren haben eine Seele, was mir sehr gefallen hat. Klasse fand ich auch das Ende des Buches, da alle Handlungsstränge sehr clever miteinander verwoben werden und ein großes Ganzes ergeben.
Mein Fazit: der Roman ist absolut empfehlenswert! Ich war gefesselt, überrascht und habe mir sehr viele Gedanken über die Handlung gemacht. Für mich ist der Roman eine gelungene Mischung aus Utopie und Dystopie. Er regt zum Nachdenken an ohne zu belehren. Ich hoffe sehr, dass viele Menschen dieses Buch lesen und vielleicht ebenso zum Nachdenken über Ressourcenverschwendung, Machtverhalten und überhaupt den Umgang mit unserer Erde angeregt werden. Die Augen des Kraken werden mich noch eine ganze Weile begleiten.