Stunde der Lilie

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Inhalt:
Julia führt das typische Leben eines Teenagers. Sie geht zur Realschule, wo es eigentlich gut klappt, außer in Französisch. Sie hat eine kleine Schwester, der immer alles perfekt gelingt, eine beste Freundin namens Nina, die nicht leiste Flüstern kann und einen Schwarm, den sie nicht als solchen wahrnehmen will. Außerdem kann sie sich unheimlich gut historische Fakten merken. Soweit so normal. Doch als sie eines Tages mit Nina ausreitet ist plötzlich nichts mehr normal und Julia findet sich im 17. Jahrhundert in Frankreich wieder, wo sie plötzlich Teil des Hofstaates wird und dafür erst einmal Französisch, Etikette, Reiten und Tanzen lernen muss und das ausgerechnet vom strengsten Lehrmeister Etienne de Montesauvan.

Form und Stil:
Das Buch ist in 37. Kapitel, Prolog und Nachwort gegliedert, wobei die einzelnen Kapitel Überschriften haben und weiter in mit Sternchen abgetrennte Abschnitte unterteilt sind. Julia erzählt die Geschichte aus ihrer Sicht in der 3. Person. Der Schreibstil der Autorin lässt sich leicht und flüssig lesen, ist für meinen Geschmack aber sehr emotionslos und zurückhaltend. Im Nachwort erklärt die Autorin, dass die geschichtlichen Daten in weiten Teilen korrekt sind.

Eigene Meinung:
Ich habe wirklich eine Menge Kritikpunkt bei der Lektüre dieses Buches notiert. Trotzdem möchte ich klarstellen, dass die Idee eigentlich ganz interessant war und die Reihe durchaus Potential hat sich zu entwickeln. Auch hat die Autorin einige sehr interessante Charaktere geschaffen, die mir richtig gut gefallen haben. Allen voran der männliche Protagonist Etienne de Montesauvan, der wirklich komplex und authentisch wirkt und mir sehr ans Herz gewachsen ist. Auch toll fand ich die Königin und Nino, die für Frauen der damaligen Zeit wunderbar abgeklärt sind und nicht nur den Stand, sondern auch die Menschen dahinter zu sehen scheinen.

Leider war es das dann aber auch schon mit den positiven Dingen. Im Gegensatz zu den vorgeschilderten Charakteren blieb die Protagonistin eher blass und unspektakulär. Im Laufe des Buches wurde sie mir dann immer unsympathischer, da sie plötzlich alles in kürzester Zeit perfekt beherrschte. Von der französischen Sprache, bei der nach wenigen Monaten kein Akzent mehr zu hören ist, über das Reiten, das Tanzen und schließlich sogar Singen und Fechten, bei allem ist sie ein Naturtalent. So nicht. Das ist einfach nur unglaubwürdig. Die Autorin versucht zwar es dem unglaublich strengen Lehrmeister zuzuschieben, aber das war wirklich zu viel des Guten. Weiter geht es mit den weiteren Charakteren. Ich habe zwischendurch überhaupt nicht mehr durchgeblickt wer zu wem gehört und wer nochmal welchen Titel hat und überhaupt. Warum muss man Personen mal mit ihrem Nachnamen, mal mit ihrem Vornahmen, mal mit ihrem Titel und dann wieder mit ihrem unter den Höflingen geltenden Spitznamen bezeichnen? Und das am besten noch auf Französisch. Ein Personenregister wäre so unglaublich hilfreich gewesen. Das hätte meiner Meinung nach auch dem Verlag auffallen müssen. Dass die Autorin die historischen Personen auseinanderhalten kann, ist ja nicht überraschend.

Überhaupt ist mir nicht klar, warum die Geschichte in Frankreich spielt. Die französischen Namen, Titel und Ränge sind schwierig und wenn man kein französisch gelernt hat, kann man sie unmöglich richtig aussprechen, da Französisch sehr komplex ist bei der Umwandlung von Text- zu Lautsprache. Es gab auch immer wieder nicht übersetzte französische Textstellen. Da hätte ich mir zumindest eine Fußnote gewünscht.

!!!Achtung Spoiler:

Vor allem aber finde ich es sehr schade, dass Julia von der Eifel nach Versailles kommt ohne erkennbaren Grund. Die Autorin liefert einem nichts, woran man festmachen könnte, dass es einen Sinn macht die Handlung nach Frankreich zu verlegen. Überhaupt wird man über nichts aufgeklärt. Nicht über die Lilien. Nicht über die Hintergründe der Zeitreisen. Ja nicht einmal über den Sinn des Prologes. Das war mir einfach zu wenig. Das war für mich nur eine halbe Geschichte.

Ende Spoiler!!!

Leider mangelt es dem Buch auch sehr an Spannungskurven. Es wird lange Zeit nur das Leben bei Hofe geschildert, sodass man am Ende von allem überrannt wird, bevor es wirklich dazu kommen könnte, spannend zu werden. Auch die Liebesgeschichte bleibt viel zu dünn und wirkt künstlich. Am Ende wirkt das Buch fast plötzlich abgebrochen und man fragt sich, ob es ein Seitenlimit gab. Insgesamt hat das Buch wenig mit Jugendfantasy für mich zu tun. Allenfalls als Jungendhistory, könnte man es bezeichnen.

Fazit:
Beauerlicherweise mangelt es dem Buch an wirklich vielen Ecken. Trotzdem würde ich den nächsten Teil lesen, einfach weil mir Etienne so gut gefallen hat und ich doch Hoffnung habe, dass da noch mehr kommt.