Das Labyrinth des Lebens

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laleli Avatar

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Caelum, der „Held“ dieses gut 700 Seiten starken Romans ist Englischlehrer an der Columbine Highschool, doch zum Vorbild taugt er kaum: Er ist Zyniker, schon zum dritten Mal verheiratet und insgesamt ein sehr widersprüchlicher Charakter.

Das Massaker an der Columbine Highschool schlägt wie eine Bombe in seinem ohnehin nicht sehr geordneten Leben ein: Kaum ist die Anti-Aggressions-Therapie überstanden, die Caelum absolvieren musste, nachdem er wegen eines Seitensprungs seiner Frau Mo völlig ausrastete und den Nebenbuhler mit einer Rohrzange attackierte, da liegt seine geliebte Tante Lolly im Sterben, die ihn nach dem Tode seiner Mutter aufgezogen hatte. Er eilt an ihr Sterbebett, um ihr beizustehen, doch noch bevor die Tante beigesetzt ist, geschieht an seiner Highschool der unvorstellbare Amoklauf, begangen durch Schüler, die Caelum selbst gut gekannt hatte. Seine Frau Mo ist zwar unverletzt, doch schwer traumatisiert. Nichts ist wie zuvor, Mo leidet an einem post-traumatischen Stresssyndrom, sie verliert ihre Arbeit, irrt von einem Psychologen zum anderen und wird schließlich süchtig nach Beruhigungsmitteln. Als das Geld knapp wird, zieht das Ehepaar zurück in das Elternhaus Caelums, die nach dem Tode der Tante verwaiste Farm, zu der auch ein Frauengefängnis gehört, das von einer idealistischen Ahnin des Lehrers als Besserungsanstalt im wahren Wortsinne gegründet worden war.

Caelum kämpft um das finanzielle Überleben seiner kleinen Familie und endlich scheint auch Mo wieder in ihrem Beruf als Krankenschwester Fuß zu fassen. Doch sie wird rückfällig, spritzt sich heimlich gestohlene Beruhigungsmittel und verursacht einen schweren Autounfall, sie trägt die Schuld am Tod eines 17-jährigen Jungen. Mo wird wegen fahrlässiger Tötung verurteilt und muss ihre Strafe im auf dem Farmgrund gelegenen Frauengefängnis abbüßen. Nur, dass sich seit der Gründung der Anstalt der Strafvollzug von der „Besserung“ zur „Bestrafung“ verändert hat, Willkür und Demütigungen sind an der Tagesordnung. Während Mo hinter Gefängnismauern leidet, werden auf der Farm alte Urkunden gefunden, die für Caelum sehr verstörende Wahrheiten über seine Familie und Herkunft in sich bergen und auch in seinem Lehrerberuf überschlagen sich die Ereignisse.

Als Mo völlig überraschend an einer Gehirnblutung stirbt, verliert Caelum den Boden unter den Füßen, alles erscheint ihm sinnlos.

Doch es sind die Menschen in seiner Umgebung, die ihm helfen, sich wieder zu fangen, vor allem Velvet, eine Jugendliche, die seit dem Massaker an der Columbine in Mo eine Art Erstatzmutter gefunden hatte und mit der Caelum über die Jahre kein sehr gutes Verhältnis hatte. Irgendwo zwischen der Vergangenheit, die er in seiner Familiengeschichte gefunden hat, und der Zukunft, die in Velvets schwangerem Bauch liegt, findet Caelum Hoffnung und Kraft zum Leben.

„Wenn Du das suchst, was Du Dir wünschst, wirst Du vielleicht das finden, was Du brauchst“, diesen Ratschlag erhält Caelum, der keineswegs fehlerfreie und eben deswegen so menschliche Ich-Erzähler und  so könnte auch der Wahlspruch dieses fast zwei Jahrhunderte amerikanischer Geschichte umfassenden Bilderbogens sein, den der Autor vor uns ausbreitet,  und der ebenso „chaotisch, gewalttätig, verwirrend und hoffnungsvoll“ wie das Leben selbst ist.

Ein Buch, das mich gefesselt, beeindruckt und zu Tränen gerührt hat. Hervorragend!