Fallen und wieder aufstehen

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bookaholica Avatar

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Zugegeben bin ich nicht gerade ein Fan von religiöser Literatur und hatte schon etwas Sorge, das bei dem Titel der religiöse Aspekt zu sehr im Fordergrund stehen würde. Doch dies ist ganz und gar nicht der Fall, denn Wally Lamb geht wesentlich tiefer auf seine Idee und auf seine Protagonisten ein und lässt sie dabei eine Achterbahn von Höhen und Tiefen durchleben.

Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive von Caelum Quirk erzählt, einem Highschool-Lehrer, der mit der Krankenschwester Maureen verheiratet ist, die den Amoklauf an der Columbine Highschool 1999 miterleben muss. Sie überlebt, indem sie sich in einem Schrank versteckt. Jedoch leidet fortan nicht nur Maureen an den Folgen des Amoklaufs, sondern auch ihre ohnehin bereits kriselnde Ehe mit Caelum wird auf eine harte Probe gestellt. Beide werden aus ihrem alltäglichen Leben gerissen und sowohl mit ihren Problemen miteinander als Ehepartner als auch jeweils individuell mit sich selber konfrontiert.

Der Erzählstil von Wally Lamb wirkt dabei unglaublich lebendig und die Dialoge so authentisch an die jeweiligen Situationen angepasst, dass man als Leser die Figuren manchmal einfach nur durchschütteln, auf die Schulter klopfen oder zur Vernunft bringen will.

Das Massaker an der Highschool ist der Knackpunkt des Romans, jedoch geht die Geschichte sowohl weit in die Vergangenheit zurück, wo der Leser die Vorfahren Caelums kennen lernt als auch noch weit über den Tag des Amoklaufs hinaus, in der das weitere Zusammenleben der Quirks beschrieben wird. Am Ende des Romans wird dem Leser klar, warum das Werk einen solchen Umfang besitzt, die Ausarbeitung der Hauptprotagonisten wie auch der Nebenfiguren so ausführlich ist und was der Titel des Romans zu bedeuten hat.

Jedoch ist man beim Lesen sehr auf die Geschehnisse an der Columbine Highschool fixiert und neugierig auf die Zukunft von Caelum und Marueen, sodass es an einigen Stellen schon sehr schwer fällt, sich auf die ausführliche Vergangenheit der Figuren einzulassen.

Dennoch ist die Geschichte rund und zieht den Leser schnell in seinen Bann. Stellenweise ist es schon unglaublich wie viel psychologisches oder einfach nur menschliches Wissen Wally Lamb in diesen Roman einfließen lässt. Wie zwei Menschen, die trotz Krisen kämpfen, sich lieben und streiten und am traurigen Ende zu sich selber und zu ihrem Glauben finden. Wir alle fallen und müssen wieder aufstehen. Kein künstliches Happy End sondern das reale Leben, wie wir es jeden Tag erleben und erleiden und dabei stets das Beste für uns und Andere erhoffen.

4 Sterne, da Kürzungen an einigen Stellen dem Werk meiner Meinung nach gut getan hätten, ansonsten ein Buch, das einen nicht mehr loslässt und nachdenklich macht.