Was wäre passiert, wenn ...?

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kimvi Avatar

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Wally Lamb schildert in diesem eindrucksvoll geschriebenen Roman, wie ein einziger schicksalhafter Tag  das Leben eines Ehepaares  beeinflußt  und in völlig andere Bahnen lenkt. Haben wir uns nicht alle schon mal gefragt : "Was wäre passiert,  wenn...?"

Der Roman erzählt die Geschichte des Ehepaares Caelum und Maureen (Mo) Quirk und ist in der Ich-Form aus Sicht Caelums geschrieben.

Caelum und Mo arbeiten beide an der Columbine High School. Caelum ist  Lehrer und seine Frau arbeitet dort als Krankenschwester. Am 20.04.99 unterrichtet Caelum nicht an der High School, da er die Beerdigung seiner Tante vorbereiten muß. Caelum trauert um seine Tante und und braucht dringend Unterstützung bei den Vorbereitungen. Deshalb will Mo an diesem Tag zu ihm fliegen. Da sie aber nur einen späten Flug buchen kann, beschließt sie einen Urlaubstag zu sparen und noch auf der Krankenstation der Schule zu arbeiten. Und so nimmt das Schicksal seinen Lauf.

Denn an diesem Tag erlangt die Columbine High School durch das Schulmassaker von Littleton weltweite Berühmtheit. Zwei Schüler laufen Amok und töten dabei zwölf Schüler und einen Lehrer bevor sie sich selbst töten. Auch Mo befindet sich in der Nähe der Todesschützen und kann ihnen nur entkommen, da sie sich völlig verängstigt in einem Schrank versteckt. Hilflos muss sie mit ansehen, wie die anderen Menschen im Raum erschossen oder verwundet werden. Doch sie hat Glück im Unglück und wird von den Tätern nicht gefunden, völlig traumatisiert wird sie später gerettet.

Aus dem Fernsehen erfährt Caelum von dem Massaker und versucht verzweifelt seine Frau zu erreichen. Da er telefonisch keine Informationen erhält, setzt er sich in das nächste Flugzeug und macht sich voller Sorge auf die Suche nach Mo.

Doch nach Maureens Rettung ist für das Ehepaar nichts mehr, wie es vorher war. Caelum versucht Mo zu helfen, doch durch das schreckliche Erlebnis ist sie stark traumatisiert und lässt ihn nicht an sich heran. Aufgrund ihrer seelischen Erkrankung ist Mo auch nicht in der Lage zu arbeiten. Die hohen Arztkosten und das fehlende Gehalt machen sich bald bemerkbar und setzen Caelum noch zusätzlich unter Druck. Deshalb und auch um in eine andere Umgebung zu kommen, verkaufen sie ihr Haus und ziehen auf die gemeinsam geerbte Farm der verstorbenen Tante. Langsam kehrt Maureen ins Leben zurück, doch da schlägt das Schicksal erneut zu - wieder ist sie zur falschen Zeit am falschen Ort!

Caelum kommt auf der Farm alten Familiengeheimnissen auf die Spur und muss sich Tatsachen stellen, die ihn stark verunsichern und seine gesamte Herkunft in Frage stellen. Doch auch jetzt muss er sich vorrangig um Mo kümmern und ihr nach dem erneuten Schicksalsschlag beistehen. Diese doppelte Belastung und auch erneute finanzielle Nöte lassen ihn beinahe verzweifeln.

 

Meine Meinung:

Das Cover und der Titel haben mich überhaupt nicht angesprochen, deshalb hätte ich es in der Buchhandlung sicher nicht in die Hand genommen. Aufgrund des Titels habe ich ein sehr religiöses Buch erwartet und auch der Strohhut des abgebildeten Mannes erinnerte mich an Amish - People und brachte mich somit auf eine völlig falsche Spur.

Vom spannenden, aber trotzdem gefühlvollen Schreibstil des Autors war ich sofort begeistert. Trotz der hohen Seitenanzahl habe ich das Buch innerhalb weniger Tage durchgelesen. Das lag auch an den sehr gut beschriebenen und menschlich geschilderten Hauptprotagonisten. Besonders Caelum, mit all seinen Fehlern und Schwächen, war mir sehr sympathisch. Trotz der vielen Schicksalsschläge die beide erleiden, wirkte die Erzählung auf mich nicht unglaubwürdig. Im Gegenteil, selten hat mich ein Roman so gefesselt und berührt.

Das Nachwort des Autors hat mich auch sehr beeindruckt, denn immerhin hat Wally Lamb neun Jahre an diesem Buch geschrieben. Die Ereignisse dieser Jahren, wie zum Beispiel der 11. September, Hurrikan Katrina, Feuersbrünste und der Krieg im Irak wurden ebenfalls gut in die Geschichte integriert. Besonders intensiv wurde natürlich auf das Schulmassaker von Littleton eingegangen. Wally Lamb hat hier die echten Namen der Attentäter, der Getöteten und der Verwundeten benutzt, lediglich die Akteure dieses Romans wurden hinzugefügt. Die Beschreibung des Amoklaufs ist gut gelungen, da die Panik und Angst der Betroffenen glaubhaft vermittelt wurde.

Im zweiten Teil des Buchs stieß Caelum auf alte Briefe, Zeitungsberichte und Tagebucheinträge. Dadurch erhielt man einen Rückblick in die Familienverhältnisse und das Leben auf der geerbten Farm im 19. Jahrhundert. Auch dieser Teil war gut recherchiert und wunderbar geschrieben. Insgesamt hat mir dieses Buch sehr gut gefallen und ich freue mich sehr, dass ich es lesen durfte, denn ohne vorablesen wäre ich daran vorbeigegangen.

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