Abrupter Cut ab der Hälfte

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Die junge Takako ist glücklich mit ihrem Leben in Tokio und ihrem Freund. Doch eines Abends stellt sich heraus, dass er mehrere Freundinnen gleichzeitig hatte und nun die andere heiraten wird. Tief verletzt kündigt Takako ihren Job, denn ihr Ex arbeitet auch dort, und verkriecht sich. Bis ihr Onkel ihr anbietet bei ihm im Buch-Antiquariat unterzukommen. Bücher sind nicht Takakos Welt, doch allmählich fühlt sie sich in dem kleinen Buchladen mit tausenden von Büchern und interessanten Kunden wohl.

Anfangs fühlt sich Takako noch erschlagen von den Büchern (und befürchtet sogar, dass diese es auch im physischen Sinn tun könnten), doch irgendwann greift sie zu einer Geschichte von einem der unzähligen Stapeln in ihrem Zimmer über dem Antiquariat um Ablenkung zu finden. Die Geschichten erfüllen sie zunehmend, zu ihrem Onkel (den sie jahrelang nicht mehr gesehen hat) baut sie auch wieder eine engere Beziehung auf und selbst zu den Kunden der Buchhandlung bildet sie eine Verbindung. Das Ausbrechen aus ihrer Trauer und Depression wird richtig angenehm beschrieben. Vor allem die Buchliebe, die Takako mit der Zeit entwickelt, ist sehr schön dargestellt und füllt bald die Seiten der Geschichte. Leider konnte ich mit den gelesenen Autor/innen und Büchern nichts anfangen, aber das ist bei älterer japanischer Literatur nicht weiter verwunderlich. Als Leserin habe ich die Beschreibungen von Takakos aufkommender Leidenschaft zum geschriebenen Wort natürlich besonders gut nachvollziehen können. Zudem habe ich mir an diesen Stellen auch viele Zitate markiert, weil der Autor das Gefühl, das Takako und wir Leseratten Büchern entgegenbringen, ausdrucksvoll zu Papier gebracht hat.

"Ich begann, die Bücher um mich herum förmlich zu verschlingen. Es war, als hätte die Leseratte in meinem Herzen nur darauf gewartet, endlich freigelassen zu werden. [...] Ich ärgerte mich, dass ich nicht schon viel früher angefangen hatte zu lesen. Mein bisheriges Leben schien mir regelrecht verschwendet." (S. 50f)

Und dann kam der zweite Teil der Geschichte und ich war enttäuscht. Schon während Takakos Zeit in der Buchhandlung hat mich gewundert, dass diese relativ schnell vorangeht und nicht mehr in die Tiefe zu Geschichten oder ihrer Tätigkeit in dem Antiquariat eingegangen wird, denn wer erwartet denn schon eine zweite völlig davon losgelöste Buchhälfte? Hier taucht plötzlich wieder die Frau von Takakos Onkel auf. Deren Beziehung hat mich überhaupt nicht interessiert und auch die Tante selbst fand ich nicht gänzlich sympathisch. Kontrastreich zu dem schönen Anfang über Bücherliebe, geht es hier plötzlich um Takakos Beziehung zu ihrer Tante und deren Probleme und Vergangenheit. Nachdem ich nun das Buch schon seit einiger Zeit beendet habe, kann ich auch jetzt nichts damit anfangen und frage mich immer noch, wie die zweite Buchhälfte zu dem Rest der eigentlich schönen Geschichte, angepriesen durch Cover und Titel, passen soll.


Fazit:
„Die Tage in der Buchhandlung Morisaki“ ist eine schöne Geschichte über Takako, die nach einem gebrochenen Herzen wieder zurück ins Leben findet, und der Liebe zu (japanischen) Büchern. Zugunsten der zweiten Hälfte des Buches wurde die Begeisterung zu Geschichten nicht zu intensiv beschrieben, birgt aber trotzdem einige schöne Zitate und Szenen. Die eben genannte zweite Hälfte des Buches hat mir gar nicht gefallen und der Sinn dessen erschließt sich mir leider auch nicht.
2,5 Sterne