Toller Roman mit historischen Fakten versehen – allerdings noch mit Luft nach oben

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
ice_flower Avatar

Von

Im Frankfurt des Jahres 1838, es ist die sogenannte „Biedermeierzeit“, arbeitet der Teehändler Tobias Ronnefeldt. Er plant eine großartig angelegte Reise nach China, um seine Erkenntnisse in der Welt des Tees und der Naturforschung voranzubringen -ein großes Abenteuer zur damaligen Zeit. Seine Frau Friederike muss mit den Kindern zurückbleiben. Doch auch sie interessiert sich sehr für Tees und alles Kaufmännische, allerdings bleiben ihr nähere Einblicke verwehrt, da sie eine Frau ist. Da Tobias aber eine lange Zeit auf Reisen ist, nutzt sie die Chance, um in die Bücher des Geschäfts zu blicken und sogar später selbst einige ihrer Ideen umzusetzen. Dabei stellt sie außerdem fest, dass man ihrem Prokuristen absolut nicht trauen darf. Friederike muss sich in einer Männerdominierten Welt behaupten. Wird es ihr gelingen und Tobias unbeschadet von seiner Reise zurückkehren?

Susanne Popp beginnt mit „Die Teehändlerin“ als Band Nr. 1 die Ronnefeldt-Saga. Nach der wahren Geschichte des bekannten Teehauses Ronnefeldt, welches bis heute existiert, zeichnet sie die Anfänge des Tee- und Kolonialwarenhandels Ronnefeldts nach. Der Roman orientiert sich damit an historischen Fakten und prinzipiellen biographischen Daten. Viele der handelnden Personen im Buch haben tatsächlich gelebt oder in Frankfurt gewirkt. Das Buch kommt außerdem sehr schick aufgemacht an. Eine Karte des historischen Frankfurts ist auf dem ersten Klappendeckel abgedruckt. Im hinteren Klappendeckel findet man aus dem Archiv der Firma Ronnefeldt einige historische Fotos. Der Buchtitel ist farblich hervorgehoben und das Cover äußerst ansprechend. Dies in Verbindung mit der bekannten Teemarke Ronnefeldt, hat mich sehr neugierig gemacht und ich vermutete einen spannenden historischen Roman sowie auch einige interessante Fakten rund um den Tee. Bisher kannte ich noch kein Buch der Autorin Susanne Popp, aber ich habe bei der Lektüre dieses Buches ihren Sprachstil und auch ihre Art zu schreiben sehr liebgewonnen. Mir gefallen die detaillierten Schilderungen, die einen sofort in die Historie zurückversetzen. Außerdem wählt sie ihre Wörter mit Bedacht aus, sodass gewissermaßen ein gehobener Anspruch an die Sprache besteht und diese perfekt zur damaligen Zeit passt. Damit ist man als Leser ebenfalls sofort im Geschehen. Das Buch selbst ist in vier große Teile eingeteilt und die Kapitellänge sowie deren Überschrift im Sinne eines Tagesbucheintrags ist hervorragend gewählt. Alle Charaktere werden anschaulich beschildert, ein beigefügtes Personenverzeichnis hilft der besseren Einordnung. Die Figur der Friederike Ronnefeldt ist perfekt dazu gemacht, um die damaligen Verhältnisse der Zeit zwischen Mann und Frau anschaulich zu beschreiben und ich finde, dass sie im Buch den größten Entwicklungsschub von allen Charakteren durchläuft, denn sie entwickelt sich zu einer selbstbewussten und selbständigen Persönlichkeit und ist eben nicht mehr „nur“ die Ehefrau des Tobias Ronnefeldt. Ihre Geschichte wird sehr liebevoll erzählt, aber es gibt stellenweise ebenso Spannung, vor allem zum Ende des Buches, als sich die Ereignisse dann überschlagen. Auch ihre Gefühle werden sehr realistisch verdeutlicht.

Kritisieren möchte ich, dass es stellenweise kleine Phasen der Langatmigkeit gegeben hat, vor allem in den mittleren Abschnitten der Bücher, und die Geschichte manchmal nur langsam Fahrt aufgenommen hat. Prinzipiell hätte ich mir auch noch weitere Impressionen aus der Welt des Tees gewünscht, noch mehr Abschnitte, wie Friederike über Tee denkt, dessen Geruch und Qualität. Es fehlte an manchen Stellen das besondere, herausragende Etwas – ein kleiner Funke, der das Buch perfekt gemacht hätte. Begeistert bin ich ebenfalls nicht von gewissen Zeitsprüngen, die dann Teile der Geschichte ausgelassen hat, was sehr schade war. Viele Erzählstränge sind allerdings noch nicht zu Ende erzählt und das Buch hat zum Schluss hin nochmals Fahrt aufnehmen können. Das Ende des Band 1 ist süß gemacht. Die Ankündigung eines weiteren Bandes sowie eine beigefügte Leseprobe im Buch, lässt hoffen, dass noch einige Vorkommnisse weitergeführt bzw. aufgearbeitet werden, und diese Leseprobe hat bereits wieder durchaus Spannung herbeigeführt.

Mein Fazit: Alles in allem ist „Die Teehändlerin“ ein sehr solider und gelungener historischer Roman, welchen man so schnell nicht wieder aus der Hand legen möchte. Ich freue mich auf die Fortsetzung der Geschichte und würde sehr gern Band 2 ebenfalls lesen. Da mir aber das gewisse Etwas fehlt, vergebe ich nur sehr gute 4 von 5 Sternen, dennoch verbunden mit einer klaren Leseempfehlung.