4,5 Sterne für einen gemächlichen Start und ein super Finale

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elke seifried Avatar

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Bruno Varese hat mit die „Tote am Lago Maggiore“ ein wirklich vielversprechendes Debüt vorgelegt und ich freue mich schon jetzt auf mehr aus seiner Feder.

Polizeipsychologe Matteo, hat warum auch immer seinen Job in Mailand an den Nagel gehängt und führt jetzt in seinem Heimatort Cannobio die Macelleria (Fleischerei) seiner verstorbenen Eltern weiter. Bei seiner Arbeit geht ihm Gisella zur Hand, die ihm bereits zur Vertrauten geworden ist. Für den kommenden Tag ist ein Oltimerrennen geplant und Gisella soll ihm bei der Herstellung der Salsicca (Würste) helfen, erscheint jedoch nicht. Kann sie auch gar nicht, denn sie wird wenig später tot aufgefunden. Die Polizei geht von einem Badeunfall aus, für Matteo steht aber fest, dass sich die geübte Schwimmerin nie selbst in Gefahr begeben hätte. Hier muss jemand nachgeholfen haben. Warum nur hat er ihren nächtlichen Anruf überhört, bei dem sie ihn um Hilfe bittet? Matteo, der sich eigentlich geschworen hat nicht mehr im Leben anderer herumzustochern, wirft der Gisellas Tod aus der Bahn und er beginnt zu ermitteln.

„Die Tote am Lago Maggiore“ ist ein Krimi der ruhigeren Art, zumindest was den Anfang betrifft. Die Personen und die Gegend rund um den Lago Maggiore werden langsam eingeführt. Man bekommt traumhafte Kulissen beschrieben, kann sich richtig in die Gegend träumen und bekommt das Gefühl die Bewohner dieses kleinen Dorfes selbst zu kennen. Matteos Ermittlungen gehen gemächlich voran und man hat fast das Gefühl, dass er nicht immer die besten Methoden wählt. Geheimnisse um Gisella und auch um Matteos Vorgeschichte sorgen für etwas Spannung. Wäre das Buch nach knapp 200 Seiten zu Ende gewesen, hätte es mir deutlich an Spannung gefehlt, auch wenn Gisella nicht die einzige Tote bleibt. Aber dann legt der Autor dermaßen an Spannung zu, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte. Richtig beeindruckt hat mich auch welche genial ausgedachte Wendungen und Überraschungen der Autor bereit hatte. Zugeklappt habe ich diesen Krimi mit einem WOW Gefühl.

Die Charaktere sind wirklich aussagekräftig dargestellt und toll ausgewählt. Matteo war mir von Anfang an sympathisch. Der besondere Mann mit dem großen Geheimnis darum, was in Mailand vorgefallen ist, lebt recht zurückgezogen. Sein morgendliches Angelritual ist ihm extrem wichtig, ebenso wie seine traditionelle Tabakmarke Futura. Sein Oldtimer lässt ihn immer wieder im Stich, trotzdem liebt er seine Diva, wie er den alten Dacia nennt. Erwähnen möchte ich noch seine Nussallergie, die ihm noch so manchen ganz besonderen Dienst tut. Richtig gut hat mir auch Kommissarin Nina Zanetti gefallen. Bei ihr hatte ich manchmal den Eindruck sie kann in Matteo blicken, außerdem hat sie für viele witzige Dialoge gesorgt. Mit Beppo, Luigi und Flavio von der Oldtimerwerkstatt, haben sich Drei gefunden, die Matteo nicht nur bei seinem Dacia wertvolle Hilfe leisten. Dino mit seiner Osteria ist eigentlich bekannt dafür, dass er ein echtes Händchen für schlechte Köche hat, aber bei Ibrahim hat er endlich einen Glücksgriff getan. Mir hat wirklich sehr gut gefallen, dass ein Lampedusa Flüchtling eine Rolle spielen darf und sein Schicksal hat mich auch wirklich betroffen gemacht. Ich könnte noch ein Weilchen weiter aufzählen, aber kurz auch alle anderen Nebendarsteller sind toll gezeichnet.

Das Regionalkolorit ist hier wirklich ein kleines Highlight. Man bekommt traumhafte Landschaftsbeschreibungen. Besonders gut finde ich den tollen Blick auf die einheimische Bevölkerung, auch in den Bergen rund um den Lago. Kulinarische Genüsse gehören ebenso dazu und ab und an ist mir wirklich das Wasser im Mund zusammen gelaufen.

Gut hat mir auch gefallen, dass ich immer wieder schmunzeln durfte. Die Dialoge zwischen Matteo und Nina sind köstlich, gerne hätte ich davon noch etwas mehr gehabt. Auch Matteo hat mich oft zum Schmunzeln gebracht mit seinen Gedanken. So ist er z.B. froh, dass ihn der liebe Gott nicht mit Reichtum ausgestattet hat, als er mörderische Schuhe in den Auslagen der Mailänder Modegeschäfte entdeckt.

Normal bewerte ich das Cover und Buchgestaltung nicht. Hier muss ich aber sehr lobend die Umschlaginnenseiten erwähnen. Man bekommt nämlich farbige Karten der Gegend geliefert, auf denen alle Orte, die auch im Krimi vorkommen, eingetragen sind, was mir wirklich sehr gut gefallen hat.

Alles in allem ein wirklich tolles Debüt, das von mir wegen dem doch sehr gemächlichen Anfang 4,5 Sterne bekommt, die aber wegen des tollen Finales zu 5 aufrunde.