Spannender Kriminalfall in aufgeheizten Zeiten

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kainundabel Avatar

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Heidi Gent arbeitet in der Kanzlei des Anwalts und Mitglieds der linken Szene Horst Mahler, der inzwischen ja bekanntlich zum Rechtsausleger mutiert ist. Jetzt liegt Heidi Gent am Strandbad des Wannsees, allerdings mausetot. An Kommissar Wolf Heller ist es nun, den Mörder der verheirateten zweifachen Mutter ausfindig zu machen. Der Weg dorthin führt durch das 1968er Berlin, und Hellers Ermittlungen erweisen sich als hochkarätige Stiche in ein Wespennest unsäglicher Verstrickungen. Da wimmelt es von allen denkbaren Zutaten, die der geteilten Stadt und dieser aufgeheizten Zeit ihren Stempel aufgedrückt haben: Mauer und Stasi, Staatsschutz und Spionage, Nazi-Vergangenheit und Studentenunruhen, Kommune I und Springer-Konzern, Benno Ohnesorg und Rudi Dutschke, Drogen und Homosexuellen-Milieu, und alles scheint mit allem irgendetwas zu tun zu haben. Ein bisschen zuviel des Guten? Keineswegs! Das Autorentrio Lutz, Wilhelm, Kellerhoff versteht es meisterlich, die verzweigten Handlungsstränge zu einem Ganzen zusammenzufügen, das den Leser unweigerlich vor sich hertreibt. Die perfektionierte Liebe zum Detail mit exakten Orts- und Zeitangaben und erstaunlich offener Einbindung real existierender Personen ruft das Gefühl absoluter Authentizität hervor. (Hellers Mutter liegt nicht nur auf dem Friedhof Heerstraße begraben, sondern in Feld IX, Reihe A, Grab Nr. 23, gleich neben der Friedhofshalle! Wahrscheinlich ist die Grabstätte längst anderweitig belegt. Ich werde trotzdem bei meinem nächsten Friedhofsbesuch nachsehen …). Fazit: ein kurzweiliger, spannender (Polit-)Krimi mit abwechslungs- und temporeicher Handlung, historisch-realen und prägnant-fiktiven Typen, gelungener Dramaturgie, flüssig lesbar. Kurzum: unbedingt lesenswert! Für alle Leser, denen die Materie nicht (mehr) vertraut ist, erweist sich das Glossar als gute Idee.