mexikanisches Drogenkartell

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majandra Avatar

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**1)     ** **Inhalt**

 

Kelly Courter, eine hoffnungslose Existenz im mexikanischen Juárez, verdient seinen Lebensunterhalt mit illegalen Boxkämpfen – weniger als Boxer, denn als Sandsack, der sich von anderen zusammenschlagen lässt und dafür bezahlt wird. Das Geld braucht er dringend für seinen Marihuana-Konsum und den Alkohol. Auf der anderen Seite jedoch ist er mit Paloma zusammen, einer sehr angesehenen Frau, die ihr Leben voll und ganz im Griff hat. Ihr Bruder Estéban, ein Drogendealer, ist gut mit Kelly befreundet und nimmt diesen auch immer wieder als Drogenkurier in Anspruch, wodurch sich der Boxer ebenfalls etwas Geld verdienen kann.

 

Anfangs sieht es ganz danach aus, als ob Kelly sein Leben langsam in den Griff bekäme. Die Beziehung zu Paloma läuft sehr gut, er beginnt wieder, ernsthaft zu trainieren und überlegt, sich zurück zu einer Lizenzierung für den offiziellen Boxkampf zu arbeiten – wäre da nicht Ortíz, ein krimineller Manager, der dafür sorgt, dass Kelly diesen Plan vergessen kann. Aus dem nachfolgenden Streitgespräch entwickelt sich die hauptsächliche Handlung des Romans: Durch Kellys abfällige Bemerkungen provoziert, lässt Ortíz Paloma entführen, vergewaltigen und töten, während Kelly selbst in der Zwischenzeit selbst dafür sorgt, sich vollständig aus der realen Welt auszuklinken – er kehrt zurück zum Heroin.

 

Wenige Tage darauf werden Kelly und Estéban verhaftet und gefoltert – obwohl sie nicht Palomas Mörder sind, versucht die mexikanische Polizei, ein Geständnis aus ihnen herauszupressen, was dort übliche Verhörmethoden darstellt. Nur Sevilla, ebenfalls ein Polizist, der jedoch mit Kelly lose befreundet gewesen ist, versucht, ihm zu helfen, und glaubt daran, dass er nichts mit dem Mord zu tun hat. Mehr und mehr erfährt man auch, wieso Kelly überhaupt in Mexiko lebt und nicht in den Staaten, und auch Sevillas Vergangenheit hat mit den vermissten Frauen von Juárez zu tun.

 

Kelly fällt nach der brutalen Folter im Gefängnis ins Koma, Estéban verliert den Verstand und findet ebenfalls ein trauriges Ende. Sevilla, der inzwischen von einem anderen Polizisten namens Enrique unterstützt wird, der die grausamen Polizeimethoden und die Zusammenarbeit mit den reicheren Kriminellen nicht mehr ertragen kann, ermittelt indessen weiter und sucht nach dem wahren Mörder von Paloma. Handelt es sich um Ortíz, oder haben da noch andere Personen im Umfeld des Drogenkartells ihre Finger im Spiel? Und was ist eigentlich mit Madrigal, dem reichen Wohltäter, der plötzlich zusammen mit einem korrupten Polizisten gesehen wird?

 

**2)     ** **Sprache und Stil**

 

Der Roman lässt sich einfach lesen und ist in einer sehr lebensnahen Sprache verfasst. Es wird nicht um den heißen Brei herumgeredet, Worte wie „Pisse“ oder Ähnliches werden ohne zu zögern so verwendet und nicht umschrieben. Diese Tatsache macht die Handlung realistischer, überhaupt wirkt das gesamte Werk sehr lebensecht und man kann sich gut in die Geschichte hineinversetzen.

 

Echte Protagonisten, die die Handlung vorantreiben, treten in dem Roman nur wenige auf, die an den Fingern von zwei Händen leicht abzuzählen sind. Dadurch ermöglicht der Autor es den LeserInnen, tatsächlich jede einzelne Figur genau kennenzulernen. Es ist möglich, sich ohne weiteres in die verschiedenen Personen hineinzuversetzen, da man sich deren Lebensweise und das Umfeld sehr gut vorstellen kann.

 

Spannung wird nicht nur durch die realistische Sprache, sondern auch durch den Inhalt erzeugt. Während man im Teil 1 des vierteiligen Romans anfangs Näheres über Kellys Lebensumstände erfährt, wird schnell klar, dass Paloma als einzige Frau in seiner Umgebung, die ihm etwas bedeutet, in Gefahr schwebt. Spannung entsteht hier dadurch, dass man als LeserIn mitzittert, wie es ihr ergehen wird. Im zweiten Teil wird die Aufmerksamkeit der LeserInnen durch die absolut unbeschönigte Schilderung der polizeilichen Grausamkeit in Verhören aufrecht erhalten. Ab dem dritten Teil liegt die Spannung in der Frage, ob und wie Sevilla den Fall schließlich aufklären kann.

 

Einige Begriffe und Bezeichnungen, wie auch Elemente der direkten Rede, wurden im Spanischen belassen, was für das Verständnis nicht immer einfach ist. Zwar handelt es sich nicht um lange oder sehr relevante Passagen, dennoch treten immer wieder welche auf, deren Nicht-Verstehen ziemlich unbefriedigend sein kann, wenn man der spanischen Sprache nicht mächtig ist.

 

**3)     ** **Kritik**

 

Zu Beginn des Werks scheint es fast so, als wiesen die einzelnen Zahlen der durchgezählten Kapitelüberschriften auch auf Uhrzeiten hin – vor allem im ersten Teil des vierteiligen Romans gelingt es dem Autor, auch den Inhalt großteils auf die Zahlen anzupassen. So handelt das Kapitel 12 beispielsweise vom Mittagessen oder das Kapitel 11 von einem späten Vormittag. Allerdings hört sich diese Einteilung in den weiteren Teilen des Buchs wieder auf, sodass hier nicht von einer geplanten Struktur gesprochen werden kann.

 

Insgesamt ist das Werk in vier Kapitel eingeteilt und diese wiederum in zwei Teile: Die ersten beiden Kapitel beschäftigen sich mit der Handlung aus der Sicht von Kelly, der am Ende dieses Teils jedoch komatös und mehr tot als lebendig ins Krankenhaus eingeliefert wird. Teil 3 und 4 schildern die Geschichte aus der Sicht von Sevilla, der nun, da Kelly nicht mehr für sich selbst sprechen kann, die Ermittlungen ohne Mitwissen der restlichen korrupten Polizei übernimmt und dafür sorgt, dass Kellys Name am Ende reingewaschen wird.

 

Unglücklicherweise handelt es sich nicht um gänzliche Fiktion, die der Autor in seinem Werk transportiert. Die vermissten und vermutlich toten Frauen von Juárez sind eine Tatsache, die der Autor in seinem Roman wieder stärker ins Bewusstsein der LeserInnen rücken will, was ihm durchaus gelingt. Zudem findet er für seinen Roman am Ende eine Lösung aller Vermisstenfälle, die zumindest indirekt ausreichend geklärt werden, sodass man sich als LeserIn den Rest selbst denken kann.

 

**4)     ** **Empfehlung**

 

Das Werk kann schnell gelesen werden und ist durchaus spannend geschrieben, sodass man es nur schwer zwischendurch weglegen kann. Auch inhaltlich handelt es sich um ein Thema, das dringend wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt werden sollte.