Packend, realistisch und grausam

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streiflicht Avatar

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Dieses Buch hat mir genauso gut gefallen, wie ich es mir nach der Leseprobe erhofft hatte. Der Schreibstil ist realistisch, oft aber auch sehr detailliert und damit grausam. Insgesamt ist die ganze Geschichte sehr von Gewalt beherrscht, aber man hat als Leser nicht das Gefühl, dass der Autor das macht, um zu gefallen oder zu erschrecken, sondern nur, um die wahren Begebenheiten zu erklären. In Mexika, an der Grenze zu Texas, scheinen das Leben und der Alltag rau und oft grausam zu sein. Kelly ist Boxer und Drogendealer und sein gesamtes Leben scheint sich darum zu drehen, wie er wieder Geld verdienen kann, um zu überleben. Er kann aufgrund eines in der Vergangenheit liegenden tödlichen Unfalls, den er betrunken verusacht hat, nicht in die USA zurückkehren.Nun schlägt er sich mehr schelcht als recht durchs Leben. Er lässt sich in Pseudoboxkämpfen von jungen Mexikaners als Weißer verprügeln. Das nimmt ihm viel von seiner Würde, bringt aber Geld.

Im Laufe der Geschichte erfährt man von seiner Freundin Paloma und denkt im zweiten Teil des Buches, dass er es vielleicht doch noch schaffen kann, ein halbwegs glückliches Leben zu führen. Er möchte nicht mehr diese Art von Boxkämpfen führen und beginnt zu trainieren. Dann aber wird Paloma entführt und getötet. In Juarez erleiden viele Frauen dieses Schicksal und besonders tragisch ist, dass Paloma sich genau für diese Frauen eingesetzt hatte. Als ihre geschundene Leiche gefunden wird, wird Kelly als mutmaßlicher Möder verhaftet und im Gefängnis so brutal misshandelt, dass er fast stirbt.

Teil 3 und 4 erzählen die Geschichte aus der Sicht des Polizisten Sevilla, der in Kelly irgendwie einen Freund sieht und alles daran setzt, die Wahrheit zu erfahren. Er glaubt nicht, dass Kelly Paloma getötet hat. Nach und nach tun sich schreckliche Abgründe auf und der Leser erfährt, was mit vielen der verschwundenen und getöteten Frauen passiert sein könnte. Sevillas Tochter verschwand einst ebenfalls und seit seine Frau sich erschossen hat, hat er nichts mehr zu verlieren. Er setzt alles auf eine Karte und nimmt sogar den eigenen Tod in Kauf, um die menschenverachtenden Banditen auffliegen zu lassen. In Selbstjustiz lyncht er einige der Bösen, ihm scheint das der einzige Weg zu sein.

Gegen Ende hin wird der Roman sehr rasant und packend. Man stellt sich die Frage, ob in einem so korrupten Land und unter diesen Bedingungen Selbstjustiz das einzige funktionierende Mittel ist.

Etwas unglücklich fand ich die vielen spanischen Begriffe, die den Roman zwar authentischer machen, aber für Leser, die kein Spanisch können, etwas verwirrend sind. Oft versteht man nicht, was gemeint sein könnte und das nervt auf Dauer. Auf die vier großen Kapitel sind mit spanischen Begriffen überschireben. Es wäre schön gewesen, wenn man am Ende des Buches Übersetzungen zu diese Vokabeln gefunden hätte. Außerdem ist die Sprache zum Teil etwas derb und oft sehr direkt. Manches hätte man auch nur andeuten können. Zum Beispiel müsste man nicht im Detail beschreiben, wie Finger aussehen, wenn man mehrfach mit dem Baseballschläger draufhaut...Trotz allem wirkt die Schilderung des Lebens in Juarez sehr authentisch und man fühlt mit den Akteuren mit. Beim Lesen ist man foh, dass man nicht dort leben muss. Am Ende des Buches steht, dass der Autor damit eine wahre Geschichte um die vielen verschwundenen Frauen mit eingebunden hat. Es wäre gut, wenn das schon am Anfang stehen würde und etwas ausführlicher erklärt würde. Dann würde man als Leser noch tiefer eintauchen.

Ein packendes Buch, man darf auf die kommenden Werke des Autoren gespannt sein.