"Santissima Muerte"

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
knuspel Avatar

Von

Zum Autor
Sam Hawken, geboren 1970 in Texas, „studierte sich“ an der Universität von Maryland zum Historiker, bevor er mit dem Schreiben anfing. „Die toten Frauen von Suarez“ ist sein erster Roman.

Zum Buch
Tropen beim Klett-Cotta hat dieses Buch in gebundener Form aufgelegt. Auf dem in rot und weiß gehalten Schutzumschlag fällt sofort ein in mexikanischem Stil gekleidetes tiefrotes Skelett auf. Es agiert messerschwingend und mit geballter Faust vor einem schwarz-weißen Hintergrund aus Totenschädeln und bekleideten männlichen und weiblichen Skeletten. Die Kartonage ist – wie in tiefer Trauer – schwarz.

Das gewählte Layout für den Schutzumschlag ist äußerst ansprechend, zumal mit dieser Abbildung offensichtlich „La Santissima Muerte“ dargestellt wird, „Der Heilige Tod“, der u.a. in Mexiko in allen sozialen Schichten verehrt wird. Diese magisch-religiöse weibliche Figur steht für Liebe, Glück, Schutz und die Wiedererlangung verlorener Dinge. Sie wird stets in rot abgebildet.

„Very impressive“ stellte der Autor in seinem Blog selber fest. Ich bin mit ihm einer Meinung, dass dieses Cover erheblich mehr für den Inhalt seines Romanes steht, als die englischsprachigen und amerikanischen Ausgaben.

Zum Inhalt
Der „abgehalfterte“ US-amerikanische Boxer Kelly Courter fristet sein Dasein in der mexikanischen Grenzstadt Ciudad Juarez, seit er in seinem Heimatland erheblich mit dem Gesetz in Konflikt kam. Seinen Lebensunterhalt verdient er sich mit drittklassigen Boxkämpfen und Drogenhandel. Er ist mit Paloma, der Schwester seines Partners Estéban, liiert. Sie setzt sich für die „Mucheres sin Voches“, „Frauen ohne Stimmen“ ein – ein Verein, der auf die regelmäßig in Ciudad Juarez verschwindenen und oft missbraucht und tot aufgefundenen jungen Frauen aufmerksam macht. Eines Tages wird Paloma selbst vermisst, und Kelly Courter gerät in die Mühlen der mexikanischen Justiz. Rafael Sevilla, ein kritischer, Kelly freundlich gesinnter Polizist, beginnt auf eigene Faust mit den Ermittlungen.

Mein Leseeindruck

Der erste Teil des Buches beschreibt das Leben Kelly Courters in Mexiko. Anfangs las es sich für mich auch voller Neugier und Spannung. Leider fiel es mir aber nach einer Weile schwer, dem Leben des Boxers mein ungetrübtes Interesse entgegen zu bringen, und ich legte immer öfter längere Lesepausen ein. Erst der zweite Teil, in dem der Polizist Rafael Sevilla sich des Falles selber annimmt, zog mich wieder in den Bann. Er las sich flüssiger und erneut spannend. Am Ende des Buches war der zähe, sich dahinschleppende Anfang schon längst vergessen, und die Hoffnung der wartenden Familien auf „justicia“, die Gerechtigkeit, sprach mich an und wühlte mich auf.

Das fiktive Ciudad Juarez wird derart lebendig von Sam Hawken beschrieben, dass man als Leser ein klares Bild der Örtlichkeiten vor Augen hat und glaubt, die Schauplätze der Handlungen auch alleine wiederfinden zu können. Seine Figuren nehmen Gestalt und Tiefe an. Besonders gefallen haben mir die immer wieder einfließenden spanischen Wörter und Ausdrücke. Sie sind erfrischend und machen den Roman noch lebendiger und authentischer.

Wer „Die toten Frauen von Suarez“ zur Hand nimmt, sollte keinen klischeehaften Kriminalroman erwarten, denn der Autor hat sich ein nachdenkliches und anspruchsvolles Thema für sein Erstlingswerk gewählt. Nach Studieren seines Blogs habe ich festgestellt, dass Sam Hawken überhaupt ein sehr sozial engagierter, tiefgründiger Mensch ist. Im Nachwort des Buches ruft er den Leser zum Eigenengagement über Amnesty International auf.

Alles in Allem ein gutes Buch . Ein guter Versuch, das Thema der mehr als 400 Mädchen und jungen Frauen, die seit 1993 im realen Ciudad Juarez vermisst werden, in den Fokus einer weltweiten, großen Öffentlichkeit zu stellen. Für einen ersten Roman wirklich anerkennenswert – Hut ab, Mr. Hawkens!