Rache hat einen langen Atem...

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nordlicht Avatar

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"Die Toten von Sandhamn" ist nach "Tödlicher Mittsommer" und "Tod im Schärengarten" der dritte Fall um Kommissar Thomas Andreasson und seine ihn als Hobby-Detektivin unterstützende Jugendfreundin Nora Linde. Man kann diesen Kriminalroman auch ohne Kenntnis der vorherigen Bände lesen, profitiert allerdings von Vorkenntnissen.

Auf Sandhamn ist ein junges Mädchen namens Lina Rosén auf dem Heimweg von ihrer Freundin spurlos verschwunden. Die Polizei ermittelt vergeblich in verschiedene Richtungen, kommt nach der Aussage der Freundin aber zu dem Schluss, dass Lina vermutlich Selbstmord begangen hat und die Leiche auf das offene Meer hinausgetrieben ist. Die Ermittlungen sind so gut wie eingestellt, als vier Monate später die beiden Söhne von Nora Linde beim Spielen im Wald einen abgetrennten Arm finden. Die Armbanduhr an diesem grausigen Fundstück gehört Lina, nun nimmt die Polizei die Ermittlungen mit großem Einsatz wieder auf.
Neben den Ermittlungen im Vermisstenfall erfährt der Leser auch wieder Neuigkeiten aus dem Leben von Thomas und Nora. Zwischen Thomas und seiner geschiedenen Frau Pernilla kommt es zu einer allmählichen Wiederannäherung, Thomas gesteht sich ein, dass seine Frau nicht die Schuld am plötzlichen Kindstod ihrer gemeinsamen Tochter vor drei Jahren trägt und ganz offensichtlich bestehen zwischen den beiden ehemaligen Partnern noch starke Gefühle. Nora dagegen, in deren Ehe mit dem versnobten Arzt Henrik es schon in den ersten beiden Bänden kriselte, zieht die Konsequenzen, als sie vom Ehebruch ihres Mannes erfährt. Um über ihre nächsten Schritte nachzudenken, begibt sie sich mit ihren Söhnen in ihr Ferienhaus auf Sandhamn und gerät so in die Ermittlungen im Fall Lina Rosén.
Eingestreut in den Text über die aktuellen Vorgänge im Jahr 2007 finden sich Kapitel, die über das Leben des Fischersohnes Gottfrid und seiner Familie erzählen (1899 - 1928/ 1962). Der selbstgerechte und fanatisch religiöse Gottfrid führt zuhause ein Schreckensregiment, unter dem seine Frau Vendela und sein Sohn Thorwald nicht nur psychisch zu leiden haben. Nur die Tochter Kristina wird vom Vater geliebt und verwöhnt.
Welche Auswirkungen diese explosive Familienkonstellation bis in die weiteren Generationen hat, erfährt der Leser nach und nach.

"Die Toten von Sandhamn" ist kein blutiger Thriller, dennoch ging mir dieser Roman wegen der schonungslos dargestellten Misshandlung Thorwalds durch seinen Vater Gottfrid sehr nahe. Es ist sehr erschreckend zu lesen, dass noch in der jüngeren Vergangenheit ein "Familienoberhaupt" ohne jede Einmischung von außen seine Aggressionen willkürlich an abhängigen Familienmitgliedern ausleben konnte. Auch die Mutter Vendela, die nach der Geburt von Thorwald offensichtlich an einer postnatalen Depression erkrankte, erhielt keinerlei Hilfe durch Ärzte oder Psychologen. Die Beschreibung des Lebens auf Sandhamn zu Beginn des 20. Jahrhunderts war für mich ausgesprochen fesselnd, sodass ich das Buch nicht aus der Hand legen konnte.
Durch die Abwechslung zwischen den Kapiteln aus dem 20. und dem 21. Jahrhundert wird Spannung erzeugt, da man wissen möchte, wie es weitergeht. Dieser Aufbau machte zusammen mit dem flüssigen Schreibstil der Autorin und der gelungenen Charakterdarstellung der Figuren, in die man sich gut hineinversetzen kann, für mich das Buch zu einer fesselnden Lektüre, die mich uneingeschränkt begeistert hat.
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