Eine Leseempfehlung

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bellis-perennis Avatar

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Dieser historische Roman, der 1946 im zerstörten Wien spielt, ist der erste Teil eine Dilogie, die aufzeigt, dass es den vertriebenen Jüdinnen und Juden nicht leicht gemacht worden ist, in ihre Heimatstadt zurückzukehren. Es sind nicht nur die materiellen Schäden sondern vor allem die Nazi-Ideologie, der nach wie vor sehr viele Menschen anhängen, die Stella Herzig, einer Lehrerin, die den Krieg in England verbracht hat, das Leben schwer machen.

Beate Maly beschreibt die bangen und doch hoffnungsfrohen Stunden und Tage von Stellas Rückkehr. Die Freude über die Anstellung im Lindengymnasium wird recht schnell durch die Ablehnung einiger ihrer Kolleginnen und Kollegen getrübt, die aus ihrer Ablehnung einer Jüdin keinen Hehl machen. Es sind auch genau diese Lehrkräfte, die den Schülern, die aus ärmlichen Verhältnissen stammend, aus Platzgründen statt in die Hauptschule im Gymnasium unterrichtet werden, das (Schüler)Leben zur Hölle machen. Grundlos werden die Schüler mit dem Rohrstaberl gezüchtigt, wird ihnen Lernwille und Fleiß abgesprochen und ihnen ständig mit dem Hinauswurf gedroht. Genau diesen Schülerinnen und Schülern widmet Stella ihre besondere Aufmerksamkeit.

Unterstützt wird sie vom Direktor der Schule, der einen oder anderen Lehrkraft sowie ihrer besten Freundin Felicitas, die als Sekretärin in der Schule arbeitet. Doch Feli, wie sie genannt wird, hat ihren eigenen Kummer.

Als ein besonders begabtes Mädchen die Schule verlassen soll, um eine Lehrstelle als Schneiderin anzutreten, um zum Familienunterhalt beizutragen, überwindet sich Stella und macht einen Hausbesuch. Eine persönliche Herausforderung, denn die Familie lebt in der ehemalige Wohnung von Stellas Eltern, aus der die Familie vertrieben worden ist .....

Meine Meinung:

Beate Maly ist es eindrucksvoll gelungen, die Stimmung im Wien der Nachkriegszeit einzufangen. Das braune Gedankengut ist so schnell nicht aus den Köpfen der Menschen herauszubekommen. Das zeigt sich auch noch in meiner Gymnasialzeit in den 1970er-Jahren. Auch noch fünfundzwanzig (und mehr) Jahre nach Kriegsende unterrichten Lehrkräfte, die entweder als Soldaten an der Front waren oder aus NS-Familien stammen.

Autorin Beate Maly beschreibt Stellas Bemühungen auf die Kinder zuzugehen, neue fortschrittliche Unterrichtsmethoden zu verwenden. Es sind vor allem die vielen kleinen bösartigen Vorkommnisse in der Schule, die Stella manchmal daran zweifeln lassen, ob ihre Entscheidung, in ihr geliebtes Wien zurückzukehren, richtig ist. Denn das Wien, wie sie es gekannt hat, gibt es nicht mehr, was aber nicht nur an den zerstörten Gebäuden liegt.

Geschickt verknüpft Beate Maly Fakten und Fiktion, den dieser zweiteilige historische Roman basiert auf den Lebenserinnerungen der österreichischen Pädagogin Stella Klein-Löw (1904-1986). Wie wir es von Beate Maly gewöhnt sind, sind die Charaktere, die guten wie die bösen, vielschichtg und authentisch angelehnt.

Als Wienerin, die im zweiten Bezirk, der Leopoldstadt, die vor dem Zweiten Weltkrieg der Inbegriff eines florierenden jüdischen Lebens gewesen ist, aufgewachsen ist, kann ich mich hier sehr gut einfühlen.

Das Buch endet mit einem fiesen Cliffhanger und so bleibt mir nur, auf die Fortsetzung zu warten.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem historischen Roman, der auf der Lebensgeschichte einer realen Persönlichkeit beruht, 5 Sterne.